Eine betrunkene Fahrradfahrt kann den Autoführerschein kosten, doch ein aktuelles Urteil aus Ansbach zeigt: Selbst bei hohem Promillewert dürfen Behörden nicht jeden Fehler machen. Nachdem ein Mann sein Rad mit über zwei Promille gelenkt hatte, stand sein Autoführerschein auf dem Spiel. Obwohl der Radler nachweislich stark alkoholisiert war, stand am Ende nicht sein Verhalten, sondern ein Formfehler der Behörde im Mittelpunkt. Durfte die Behörde ihm den Führerschein aufgrund einer Anordnung entziehen, die selbst juristisch fehlerhaft war? Zum vorliegenden Urteil Az.: AN 10 K 21.01601 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Verwaltungsgericht Ansbach
- Datum: 11.07.2023
- Aktenzeichen: AN 10 K 21.01601
- Verfahren: Klageverfahren
- Rechtsbereiche: Fahrerlaubnisrecht, Verwaltungsrecht, Verfassungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Kläger, Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich gegen den Entzug seiner Fahrerlaubnis und das Verbot, Fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen, wehrte. Er behauptete, das Fahrrad nur geschoben zu haben und die MPU-Anordnung sei rechtswidrig gewesen.
- Beklagte: Die Fahrerlaubnisbehörde, die dem Kläger die Fahrerlaubnis entzog und das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge untersagte, da er ein Fahrrad unter Alkoholeinfluss geführt haben soll und ein angeordnetes Medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) nicht vorgelegt hatte.
Worum ging es genau?
- Sachverhalt: Dem Kläger wurde die Fahrerlaubnis entzogen und das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge untersagt, weil er im Verdacht stand, ein Fahrrad mit 2,35 Promille geführt zu haben, und ein daraufhin angeordnetes MPU-Gutachten nicht vorlegte.
Welche Rechtsfrage war entscheidend?
- Kernfrage: War die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge rechtmäßig, obwohl der Kläger das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht vorgelegt hat, insbesondere im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Gutachtensanordnung (Fragestellung)?
Wie hat das Gericht entschieden?
- Klage stattgegeben: Der Bescheid der Beklagten wurde aufgehoben.
- Kernaussagen der Begründung:
- Untersagung fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge rechtswidrig: Die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge ist rechtswidrig, da die zugrundeliegende Rechtsnorm (§ 3 FeV) gegen das Grundgesetz verstößt und damit verfassungswidrig ist.
- MPU-Anordnung fehlerhaft und unteilbar: Die Anordnung zur Vorlage des MPU-Gutachtens war rechtswidrig, weil ihre Fragestellung unverhältnismäßig war, indem sie auch Fragen zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge enthielt. Ein solcher Fehler in einem Teil der Gutachtensanordnung macht die gesamte Anordnung unwirksam, da sie unteilbar ist.
- Kein Schluss auf Nichteignung zulässig: Da die MPU-Anordnung rechtswidrig war, durfte die Behörde aus der Nichtvorlage des Gutachtens nicht auf die fehlende Fahreignung des Klägers schließen.
- Fahrradfahrt wurde als bewiesen angesehen: Das Gericht war trotz der Argumente des Klägers überzeugt, dass der Kläger das Fahrrad tatsächlich unter Alkoholeinfluss geführt hatte. Dies änderte jedoch nichts an der Rechtswidrigkeit der MPU-Anordnung.
- Folgen für die Klägerin/den Kläger:
- Der Entzug der Fahrerlaubnis ist aufgehoben.
- Die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge ist aufgehoben.
- Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens….