Die Drohung einer Stromsperre ist für viele der absolute Albtraum. Doch Energieversorger nutzten diese existenzielle Notlage aus, versteckten in scheinbaren Rettungsankern teure Gebühren und gemeine Fallstricke. Nun hat ein wegweisendes Gerichtsurteil genau diesen Praktiken einen Riegel vorgeschoben und die Schutzrechte der Verbraucher massiv gestärkt.
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- OLG Düsseldorf stärkt Verbraucherschutz: Unfaire Klauseln in Abwendungsvereinbarungen gegen Stromsperren gekippt.
- Bearbeitungsgebühren (z.B. 15 €) für Abwendungsvereinbarungen sind unzulässig, da gesetzliche Pflicht.
- Anbieter müssen Ratenzahlungen proaktiv bis zu 24 Monate anbieten (bei >300 € Schulden), nicht nur 12 Monate.
- Bei Scheitern der Ratenzahlung ist stets eine neue 8-tägige Sperrfrist anzukündigen.
- Gesamtfälligkeitsklauseln sind unwirksam, wenn Anbieter Gebühren für die Vereinbarung verlangen (wegen Verbraucherkreditrecht).
- Betroffene können unzulässige Gebühren ablehnen und auf längere Fristen sowie erneute Sperrwarnung bestehen.
- Eine Revision zum BGH ist in einem Punkt zugelassen, das Urteil gilt aber vorerst.
Quelle: Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 13.02.2025, Az. 20 UKI 7/24
Gericht stärkt Schutz vor Stromsperre: Unfaire Gebühren und vertragliche Fallstricke gekippt
Ein unerwarteter Jobverlust, eine hohe Nachzahlung oder eine plötzliche Krankheit – schnell kann ein Haushalt bei den Energierechnungen in Rückstand geraten. Für viele Betroffene, nennen wir einen von ihnen Herrn K., folgt dann der Schock: ein Brief des Energieversorgers, der eine Sperrung von Strom oder Gas androht. In dieser Drucksituation erscheint das begleitende Angebot einer Ratenzahlung, einer sogenannten Abwendungsvereinbarung, wie ein Rettungsanker. Doch was, wenn dieser Anker mit zusätzlichen Kosten und unfairen Bedingungen beschwert ist, die die Notlage weiter verschärfen? Genau mit diesen Praktiken hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in einem wegweisenden Urteil befasst (Az. 20 UKI 7/24). Im konkreten Fall hatte ein großer deutscher Verbraucherschutzverband gegen ein Energieversorgungsunternehmen geklagt. Der Verband beanstandete mehrere Standardklauseln, die das Unternehmen seinen Kunden wie Herrn K. in Abwendungsvereinbarungen vorlegte. Im Kern drehte sich der Streit um eine zentrale Frage: Wie weit darf ein Energieversorger gehen, um seine Forderungen abzusichern, ohne die gesetzlich verankerten Schutzrechte von Verbrauchern in einer existenziellen Notlage auszuhöhlen? Die Düsseldorfer Richter gaben dem Verbraucherschutz in fast allen Punkten recht und zogen klare rote Linien, die für Energieversorger im ganzen Land von Bedeutung sind.
Ein Schutzschild mit Löchern: Warum Standard-Rettungsanker oft Fallen sind
Wenn ein Verbraucher seine Energierechnung nicht bezahlen kann und eine Sperre droht, ist der Grundversorger gesetzlich verpflichtet, eine Lösung anzubieten. Dieses Instrument nennt sich Abwendungsvereinbarung. Es ist im Grunde ein Vertrag, der dem Kunden ermöglicht, seine Schulden in Raten abzustottern und so die Unterbrechung der Versorgung zu verhindern. Dieses gesetzliche Schutzschild ist in § 19 der Strom- und Gasgrundversorgungsverordnungen (StromGVV/GasGVV) verankert und hat einen klaren sozialen Zweck: Niemand soll im Kalten oder Dunkeln sitzen, nur weil er in eine vorübergehende finanzielle Schieflage geraten ist….