Eine ungewöhnlich lange Verjährungsfrist für Mieterschäden nach Auszug hat das Landgericht Kiel auf den Prüfstand gestellt. Hier forderte eine Vermieterin von ihrem ehemaligen Gewerbemieter über 20.000 Euro für angebliche Schäden, die erst fast ein Jahr nach der Rückgabe der Geschäftsräume geltend gemacht wurden. Während die Vermieterin sich auf eine im Mietvertrag vereinbarte zwölfmonatige Frist berief, bestand der Mieter auf der gesetzlich geregelten kürzeren Sechs-Monats-Frist. Doch konnte eine solche Vertragsklausel die gesetzliche Verjährung tatsächlich aushebeln und den Mieter so lange in der Ungewissheit lassen? Zum vorliegenden Urteil Az.: 10 O 90/23 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Kiel
- Datum: 24.01.2024
- Aktenzeichen: 10 O 90/23
- Verfahren: Klageverfahren
- Rechtsbereiche: Mietrecht, AGB-Recht, Verjährungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Eigentümerin und Vermieterin eines Ladenraumes, die Schadensersatz wegen angeblicher Schäden nach Mietende forderte und sich auf eine vertragliche 12-monatige Verjährungsfrist berief.
- Beklagte: Der ehemalige Mieter des Ladenraumes, der die Einrede der Verjährung erhob und die Wirksamkeit der verlängerten Verjährungsfrist bestritt.
Worum ging es genau?
- Sachverhalt: Die Vermieterin verklagte den ehemaligen Mieter auf Schadensersatz wegen behaupteter Schäden am zurückgegebenen Ladenraum. Entscheidend war die Frage, ob eine Klausel im Formularmietvertrag, die die gesetzliche sechsmonatige Verjährungsfrist für Vermieteransprüche auf zwölf Monate verlängert, wirksam ist.
Welche Rechtsfrage war entscheidend?
- Kernfrage: Ist eine formularvertragliche Verlängerung der Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche des Vermieters wegen Verschlechterung der Mietsache von sechs auf zwölf Monate in einem Gewerberaummietvertrag wirksam, oder verstößt sie gegen § 307 BGB?
Wie hat das Gericht entschieden?
- Klage abgewiesen: Die Klage der Klägerin wurde vollständig abgewiesen.
- Kernaussagen der Begründung:
- Ansprüche verjährt: Die geltend gemachten Schadensersatzansprüche der Klägerin waren nach der gesetzlichen Frist von sechs Monaten verjährt, da die Klage erst nach Ablauf dieser Frist zugestellt wurde.
- Klausel unwirksam: Die mietvertragliche Klausel, die die Verjährungsfrist auf zwölf Monate verlängerte, ist als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam, da sie den Mieter unangemessen benachteiligt (§ 307 BGB).
- Kein Unterschied zur Wohnraummiete: Die Interessenlage bei der Gewerberaummiete ist bezüglich der kurzen Verjährungsfrist des § 548 BGB dieselbe wie bei der Wohnraummiete; die gesetzliche Frist dient der Rechtssicherheit beider Parteien.
- Folgen für die Klägerin:
- Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten wurde ebenfalls abgewiesen.
Der Fall vor Gericht
Stellen Sie sich vor, Sie ziehen aus und ein halbes Jahr später kommt eine hohe Rechnung – was dann?
Jeder, der schon einmal umgezogen ist, kennt die Situation: Man übergibt die alte Wohnung oder die Geschäftsräume an den Vermieter und hofft, dass alles in Ordnung ist. Man atmet auf, wenn Wochen vergehen und keine Forderungen mehr kommen. Aber was passiert, wenn der Vermieter sich erst nach vielen Monaten meldet und plötzlich eine hohe Summe für angebliche Schäden verlangt? Darf er das?…