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Ein internationaler Auffahrunfall auf einer deutschen Autobahn landete unerwartet vor Gericht. Nachdem ein deutsches und ein niederländisches Fahrzeug nach einem ungewöhnlichen Fahrmanöver kollidierten, entbrannte ein erbitterter Streit um die Schuld. Doch die entscheidende Frage war: Kann eine deutsche Versicherung das Deutsche Büro Grüne Karte direkt verklagen und wer trägt die Verantwortung bei einem solchen atypischen Unfallgeschehen? Zum vorliegenden Urteil Az.: 9 U 5/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Frankfurt
- Datum: 29.04.2025
- Aktenzeichen: 9 U 5/24
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Versicherungsrecht, Zivilprozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine Kaskoversicherung, die den Schaden am eigenen Fahrzeug reguliert hatte und nun den entstandenen Anspruch des Geschädigten gegen die Beklagten geltend machte. Sie forderte die volle Haftung des Auffahrenden.
- Beklagte: Der Fahrer eines in den Niederlanden zugelassenen Wohnmobils (Beklagter zu 2) und das Deutsche Büro Grüne Karte (Beklagter zu 1), welches als Haftpflichtversicherer für ausländische Fahrzeuge zuständig ist. Sie bestritten den Unfallhergang und die Zuständigkeit des Deutschen Büros Grüne Karte.
Worum ging es genau?
- Sachverhalt: Auf einer Autobahn kam es zu einem Auffahrunfall, nachdem das vorausfahrende Fahrzeug, versichert bei der Klägerin, einen Fahrspurwechsel abbrach, auf seine ursprüngliche Spur zurückkehrte und dort bis zum Stillstand abbremste. Kurz darauf kollidierte ein nachfolgendes ausländisches Wohnmobil mit dem Heck des stehenden Fahrzeugs.
Welche Rechtsfrage war entscheidend?
- Kernfrage: Wer trägt die Verantwortung bei einem Auffahrunfall mit einem ausländischen Fahrzeug, wenn das vorausfahrende Auto zuvor abrupt abbremst und einen Fahrspurwechsel abbricht, und gilt in solch einem Fall der Anscheinsbeweis für das Verschulden des Auffahrenden? War zudem das Deutsche Büro Grüne Karte als Haftpflichtversicherer eines ausländischen Fahrzeugs passivlegitimiert, wenn der Anspruch von einer Kaskoversicherung übernommen wurde?
Wie hat das Gericht entschieden?
- Berufung der Beklagten teilweise erfolgreich: Das Gericht änderte das Urteil des Landgerichts ab und sprach der Klägerin nur noch die Hälfte des ursprünglich zugesprochenen Schadensersatzes zu.
- Kernaussagen der Begründung:
- Anscheinsbeweis entkräftet: Der üblicherweise bei Auffahrunfällen geltende Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Auffahrenden greift in diesem Fall nicht. Die abrupten Fahrbewegungen des vorausfahrenden Fahrzeugs und die dadurch entstandene unklare Verkehrslage stellten einen atypischen Geschehensablauf dar, der den Anscheinsbeweis widerlegt.
- Haftung fifty-fifty: Angesichts der unklaren und atypischen Verkehrslage sowie der beidseitigen Verantwortlichkeiten wurde eine Haftungsverteilung von 50 % zu 50 % als angemessen und geboten erachtet.
- Deutsches Büro Grüne Karte haftet: Das Deutsche Büro Grüne Karte ist auch gegenüber einer inländischen Kaskoversicherung passivlegitimiert, auf die der Schadensersatzanspruch des Geschädigten übergegangen ist. Das Grüne-Karte-System dient dem Schutz von Verkehrsopfern und schließt juristische Personen als Rechtsnachfolger nicht aus.
- Folgen für die Klägerin:
- Ihr erhaltener Schadensersatz wurde von ursprünglich 80 % auf 50 % des unstreitigen Gesamtschadens reduziert….
- Ihr erhaltener Schadensersatz wurde von ursprünglich 80 % auf 50 % des unstreitigen Gesamtschadens reduziert….