Die Deutung einer Anwaltsantwort wurde zum zentralen Streitpunkt, als ein Autofahrer einen Bußgeldbescheid nicht akzeptierte. Das Gericht schlug eine vereinfachte Entscheidung ohne Verhandlung vor, doch der Verteidiger machte seine Zustimmung von der Akteneinsicht abhängig. Das Amtsgericht jedoch fällte sein Urteil und ignorierte die Bedingung, was den Fall vor das Oberlandesgericht brachte. Gilt eine solche bedingte Aussage als klares „Nein“ zum vereinfachten Verfahren und macht eine mündliche Verhandlung zwingend? Zum vorliegenden Urteil Az.: 1 ORbs 4 SsBs 67/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Zweibrücken
- Datum: 28.05.2025
- Aktenzeichen: 1 ORbs 4 SsBs 67/24
- Verfahrensart: Rechtsbeschwerde
- Rechtsbereiche: Ordnungswidrigkeitenrecht, Verfahrensrecht
Beteiligte Parteien:
- Rechtsbeschwerdeführer: Der Betroffene, gegen den ein Bußgeld wegen Führens eines Kraftfahrzeugs unter THC-Einfluss verhängt wurde. Er rügte, dass das Amtsgericht nicht ohne Hauptverhandlung hätte entscheiden dürfen, da sein Verteidiger eine Stellungnahme von der Akteneinsicht abhängig gemacht hatte, was er als Widerspruch wertete.
- Gegenseite (Amtsgericht/Generalstaatsanwaltschaft): Das Amtsgericht Landstuhl, das den ursprünglichen Bußgeldbeschluss ohne Hauptverhandlung erließ, da es keinen fristgerechten Widerspruch sah; und die Generalstaatsanwaltschaft, die die Rechtsbeschwerde als unbegründet verwerfen wollte.
Worum ging es genau?
- Sachverhalt: Das Amtsgericht teilte dem Betroffenen mit, über seinen Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid ohne Hauptverhandlung zu entscheiden, sofern er nicht widerspreche. Der Verteidiger erklärte daraufhin, eine Stellungnahme hierzu sei erst nach Akteneinsicht möglich. Trotzdem erließ das Amtsgericht einen Beschluss ohne Hauptverhandlung, da es keinen Widerspruch sah.
Welche Rechtsfrage war entscheidend?
- Kernfrage: Durfte das Amtsgericht ohne Hauptverhandlung durch Beschluss über den Einspruch entscheiden, obwohl der Verteidiger des Betroffenen eine Einschätzung und Stellungnahme zur beabsichtigten Verfahrensweise von der Akteneinsicht abhängig gemacht hatte?
Wie hat das Gericht entschieden?
- Beschluss aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen: Das OLG Zweibrücken hob den Beschluss des Amtsgerichts Landstuhl auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurück.
- Kernaussagen der Begründung:
- Konkludenter Widerspruch: Die Erklärung des Verteidigers, eine Stellungnahme sei erst nach Akteneinsicht möglich, stellte einen sogenannten „konkludenten“ (stillschweigenden) Widerspruch gegen eine Entscheidung ohne Hauptverhandlung dar.
- Kein stillschweigendes Einverständnis: Ein solches Verhalten kann nicht als stillschweigendes Einverständnis mit dem Beschlussverfahren gewertet werden, da es eine spätere Entscheidung über die Verfahrensart vorbehält.
- Pflicht zur Hauptverhandlung oder weiterer Klärung: Das Amtsgericht durfte unter diesen Umständen nicht davon ausgehen, dass der Betroffene mit einer Entscheidung ohne Hauptverhandlung einverstanden war.
- Folgen für den Betroffenen:
- Der gegen ihn ergangene Bußgeldbeschluss, der eine Geldbuße und ein Fahrverbot festgesetzt hatte, wurde aufgehoben.
- Die Sache muss nun vom Amtsgericht Landstuhl neu verhandelt und entschieden werden….