Ein alltäglicher Parkplatzunfall führte zu einem hitzigen Streit vor Gericht. Zwei Autofahrer kollidierten beim Ausfahren von einem P+R-Gelände, weil Uneinigkeit über die geltende Vorfahrtsregel herrschte. Die zentrale Frage war: Gilt beim Verlassen eines Parkplatzes über einen abgesenkten Bordstein die Regel „rechts vor links“ oder die strengere Sorgfaltspflicht beim Einfahren in den fließenden Verkehr? Zum vorliegenden Urteil Az.: 17 O 158/22 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Lübeck
- Datum: 26.01.2024
- Aktenzeichen: 17 O 158/22
- Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Haftungsrecht, Versicherungsrecht
Worum ging es genau? Es ging um einen Verkehrsunfall, der sich ereignete, als ein bei der Beklagten versichertes Fahrzeug von einem P+R-Parkplatzgelände auf eine Straße einfuhr und mit dem Fahrzeug des Klägers kollidierte. Streitig war, ob die Johannes-Ströh-Straße eine vom Parkplatz getrennte öffentliche Straße oder Teil eines einheitlichen Parkplatzgeländes war. Welche Rechtsfrage war entscheidend? Die zentrale Rechtsfrage war, ob § 10 StVO (Sorgfaltspflicht beim Einfahren von einem Grundstück oder über einen abgesenkten Bordstein auf eine Straße) Anwendung findet, wenn ein Fahrzeug von einem Parkplatz auf eine Straße einfährt und der Status dieser Fahrbahn unklar ist. Wie hat das Gericht entschieden?
- Klage vollumfänglich stattgegeben: Das Gericht verurteilte die Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz und zur Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
- Kernaussagen der Begründung:
- Alleinhaftung des Verursachers: Das Gericht sah die alleinige Haftung des beklagten Fahrers als gegeben an, da der Unfall durch den Betrieb seines Fahrzeugs verursacht wurde und die Kollision bei beidseitiger Beachtung der äußersten Sorgfalt hätte abgewendet werden können.
- Verstoß gegen Sorgfaltspflicht beim Einfahren: Der beklagte Fahrer verstieß gegen § 10 StVO, da er beim Einfahren vom Parkplatz auf die Fahrbahn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht ausschloss.
- Anwendbarkeit von § 10 StVO unabhängig vom Straßencharakter: Die Anwendbarkeit des § 10 StVO ist unabhängig vom genauen Charakter der Straße, da diese Vorschrift sowohl beim Einfahren von einem Grundstück als auch über einen abgesenkten Bordstein gilt und der Regel „rechts vor links“ vorgeht.
- Folgen für die Klägerin/den Kläger:
- Der Kläger erhält den vollen geforderten Schadensersatz in Höhe von 5.213,70 € nebst Zinsen.
- Der Kläger wird von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 627,13 € freigestellt.
- Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.
Der Fall vor Gericht
Ein alltäglicher Unfall auf dem Parkplatz: Wer hat Vorfahrt?
Jeder Autofahrer kennt die Situation: Man verlässt einen Supermarktparkplatz oder eine Park-and-Ride-Anlage und möchte auf die angrenzende Straße einbiegen. Sofort stellt sich die Frage: Wer hat hier eigentlich Vorfahrt? Gilt die bekannte Regel „rechts vor links“ oder müssen Fahrer, die vom Parkplatz kommen, grundsätzlich warten? Ein solcher Fall, der sich in Bad Oldesloe ereignete, landete vor dem Landgericht Lübeck und zeigt, wie kompliziert solche scheinbar einfachen Verkehrssituationen sein können. Am 4. Juli 2022 kam es zu einer Kollision. Ein Autofahrer, nennen wir ihn den Kläger, befuhr eine Straße namens Johannes-Ströh-Straße….