Ignorierte Beweise bei einer Geschwindigkeitsmessung haben ein Bußgeldverfahren unerwartet kompliziert gemacht. Ein Autofahrer wehrte sich gegen seine Strafe, doch das Amtsgericht schien in seinem Urteil glatt zu vergessen, dass es zuvor selbst ein teures Gutachten zur Messung angeordnet hatte. Dies rief das Oberlandesgericht auf den Plan. Darf ein Gericht seine eigenen, in Auftrag gegebenen Ermittlungen im Urteil einfach ignorieren? Zum vorliegenden Urteil Az.: 1 ORbs 51/25 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Brandenburg
- Datum: 24.05.2025
- Aktenzeichen: 1 ORbs 51/25
- Verfahrensart: Bußgeldverfahren
- Rechtsbereiche: Ordnungswidrigkeitenrecht, Verfassungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Betroffene, der eine Geldbuße wegen Geschwindigkeitsüberschreitung erhalten hatte und die Verletzung seines Rechts auf Rechtliches Gehör rügte.
- Beklagte: Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg, die beantragte, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.
Worum ging es genau?
- Sachverhalt: Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung, ließ in seinen Urteilsgründen jedoch eine zuvor selbst angeordnete und durchgeführte Beweiserhebung (Sachverständigengutachten) vollständig unerwähnt.
Welche Rechtsfrage war entscheidend?
- Kernfrage: Erfüllen Urteilsgründe in einem Bußgeldverfahren die Mindestanforderungen an die Begründung, wenn das Gericht eine zuvor angeordnete und durchgeführte Beweiserhebung vollständig unerwähnt lässt und seine Entscheidung auf eine widersprüchliche Rechtsauffassung stützt, wodurch das rechtliche Gehör des Betroffenen verletzt wird?
Wie hat das Gericht entschieden?
- Urteil aufgehoben und zurückverwiesen: Das OLG Brandenburg hob das Urteil des Amtsgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an das Amtsgericht zurück.
- Kernaussagen der Begründung:
- Verletzung des rechtlichen Gehörs: Das Amtsgericht hatte sich nicht mit dem Ergebnis einer selbst angeordneten Beweiserhebung auseinandergesetzt.
- Widersprüchliche Begründung: Das Amtsgericht ordnete zunächst ein Gutachten an, begründete das Urteil später jedoch widersprüchlich mit einem standardisierten Messverfahren, ohne den Widerspruch aufzulösen oder das Gutachten zu würdigen.
- Unzureichende Urteilsgründe: Die Begründung des Amtsgerichts genügte nicht den Anforderungen an gerichtliche Urteile, da sie wesentliche Aspekte ignorierte.
- Folgen für den Kläger:
- Das Urteil des Amtsgerichts wurde aufgehoben.
- Die Sache wurde zur neuen Verhandlung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Der Fall vor Gericht
Wenn ein Blitzerfoto nicht mehr ausreicht: Ein Urteil über vergessene Beweise
Jeder Autofahrer kennt die Situation: Man ist auf der Autobahn unterwegs, vielleicht einen Moment unaufmerksam, und plötzlich blitzt es. Wochen später liegt der Bußgeldbescheid im Briefkasten. Meistens ist die Sache klar. Doch was passiert, wenn das Gericht selbst Zweifel an der Messung hat, diese aber im Urteil einfach verschweigt? Genau mit dieser Frage musste sich das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg beschäftigen. Es ging um ein Urteil, das auf den ersten Blick logisch schien, bei genauerem Hinsehen aber einen entscheidenden Widerspruch enthielt….