Ein unbrauchbares Balkonkraftwerk sorgt für ein aufsehenerregendes Urteil. Eine Hauseigentümerin wollte grünen Strom erzeugen, doch ihre gekaufte Anlage war wegen veralteter Hauselektrik nicht anzuschließen und damit faktisch wertlos. Es entbrannte ein erbitterter Streit darüber, ob das verkaufende Fachunternehmen vor diesem Kompatibilitätsproblem hätte warnen müssen. Wer trägt also die Verantwortung für den Schaden, wenn der Expertentipp beim Kauf eines vermeintlich simplen Systems fehlt? Zum vorliegenden Urteil Az.: 14 S 67/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Lübeck
- Datum: 21.02.2025
- Aktenzeichen: 14 S 67/24
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Zivilrecht, insbesondere Vertrags- und Schadensersatzrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ein Unternehmen, das auf Photovoltaik spezialisiert ist und Do-it-yourself-Pakete für Solaranlagen anbietet. Es forderte die Restzahlung für ein Balkonkraftwerk und vertrat die Ansicht, keine Aufklärungspflicht verletzt zu haben.
- Beklagte: Die Käuferin des Balkonkraftwerks. Sie verlangte die Rückabwicklung des Vertrages, da die Anlage mit ihrer Hauselektrik nicht kompatibel war und forderte ihre Anzahlung zurück.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Eine Käuferin erwarb von einem Unternehmen für Photovoltaik ein Balkonkraftwerk samt Montage. Bei einem Ortstermin stellte sich heraus, dass die Hauselektrik der Käuferin aus den 1960er Jahren mit der Anlage nicht kompatibel war und eine Nachrüstung hohe Kosten verursachen würde. Das Unternehmen forderte Restzahlung, die Käuferin verlangte die Rückabwicklung des Vertrags.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob das Photovoltaik-Unternehmen seine vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt hatte, indem es die Käuferin nicht über die mögliche Inkompatibilität des Balkonkraftwerks mit ihrer Hauselektrik informierte.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht gab der Berufung der Käuferin statt und wies die Klage des Photovoltaik-Unternehmens ab. Das Unternehmen wurde verurteilt, die Anzahlung der Käuferin gegen Rückgabe der Anlage sowie vorgerichtliche Anwaltskosten zurückzuzahlen. Zudem stellte das Gericht den Annahmeverzug des Unternehmens fest.
- Begründung: Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass das Photovoltaik-Unternehmen seine vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt hatte. Als Fachanbieter, der auch Ortstermine durchführte, hätte es die Käuferin auf die mögliche Inkompatibilität der Anlage mit einer älteren Hauselektrik hinweisen müssen. Diese Pflicht wurde nicht erfüllt, was der Käuferin das Recht zur Vertragsauflösung gab.
- Folgen: Das Unternehmen muss der Käuferin die geleistete Anzahlung und die Anwaltskosten zurückzahlen und die verkaufte Solaranlage auf eigene Kosten zurücknehmen und abbauen. Es trägt außerdem die gesamten Gerichtskosten beider Instanzen. Der Vertrag wird rückabgewickelt.
Der Fall vor Gericht
Balkonkraftwerk nutzlos: Gericht zwingt Verkäufer zur Rücknahme wegen fehlender Warnung
Wer heute überlegt, sich ein Balkonkraftwerk anzuschaffen, stößt auf viele verlockende Angebote. Firmen werben oft mit einfachen „Do-it-yourself-Paketen“, die versprechen, dass jeder ganz einfach eigenen Strom erzeugen kann. Doch was passiert, wenn die hochmoderne Anlage nach dem Kauf gar nicht an das Stromnetz des eigenen Hauses angeschlossen werden kann?…