Das unentschuldigte Fehlen bei Gericht kann schwerwiegende Folgen haben, doch was, wenn eine akute Krankheit der wahre Grund ist? Als ein Angeklagter einen entscheidenden Termin vor dem Landgericht wegen plötzlicher Erkrankung verpasste, wurde seine Berufung umgehend abgewiesen, da das Gericht seine Entschuldigung für unzureichend hielt. Das Bayerische Oberste Landesgericht musste nun grundlegend klären, wie akute Krankheitsfälle bei Gerichtsterminen zu bewerten sind und welche Beweise dafür erforderlich sind. Zum vorliegenden Urteil 206 StRR 105/25 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht (BayObLG), Strafsenat
- Datum: 07.04.2025
- Aktenzeichen: 206 StRR 105/25
- Verfahrensart: Revisionsverfahren
- Rechtsbereiche: Strafprozessrecht, Revisionsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Angeklagte, dessen Berufung in einer Strafsache verworfen wurde und der hiergegen Revision einlegte.
- Beklagte: Das Landgericht Augsburg, dessen Urteil zur Verwerfung der Berufung vom Angeklagten angegriffen wurde.
Worum ging es genau?
- Sachverhalt: Der Angeklagte, ursprünglich wegen Besitzes kinderpornographischer Inhalte verurteilt, erschien nicht zu seiner Berufungsverhandlung. Das Landgericht verwarf daraufhin seine Berufung ohne inhaltliche Prüfung, da es sein Ausbleiben als unentschuldigt ansah.
Welche Rechtsfrage war entscheidend?
- Kernfrage: Betraf die formalen Anforderungen an die Begründung eines Urteils, das eine Berufung wegen unentschuldigten Ausbleibens verwirft, und die ausreichende Würdigung von Entschuldigungsgründen bei Krankheit.
Wie hat das Gericht entschieden?
- Aufhebung des Berufungsurteils: Das Bayerische Oberste Landesgericht hob das Urteil des Landgerichts Augsburg auf.
- Kernaussagen der Begründung:
- Unzureichende Begründung des Landgerichts: Das Landgericht hatte die vom Angeklagten vorgebrachten Entschuldigungsgründe nicht ausreichend und nachvollziehbar dargestellt und gewürdigt.
- Fehlerhafte Bewertung des Attestes: Die bloße Tatsache, dass der Arzt den Angeklagten am Verhandlungstag nicht untersucht hatte, war kein ausreichender Grund, eine Verhandlungsunfähigkeit zu verneinen. Art der Krankheit und Vorkenntnisse des Arztes waren zu berücksichtigen.
- Mangelnde Darlegung von Gesprächsinhalten: Das Landgericht hatte nicht hinreichend beschrieben, was in einem Telefonat mit dem Arzt besprochen wurde, was eine Überprüfung der Entscheidung unmöglich machte.
- Folgen für die Klägerin/den Kläger:
- Der Fall wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Jugendkammer des Landgerichts Augsburg zurückverwiesen.
- Auch über die Kosten des Revisionsverfahrens wird neu entschieden.
Der Fall vor Gericht
Was passiert, wenn ich einen wichtigen Gerichtstermin krankheitsbedingt verpasse?
Stellen Sie sich vor, Sie haben einen entscheidenden Gerichtstermin, von dem viel abhängt. Doch am Morgen des Termins wachen Sie mit hohem Fieber und Übelkeit auf. Sie können kaum das Bett verlassen, geschweige denn vor Gericht erscheinen. Sie melden sich krank, doch das Gericht glaubt Ihnen nicht und entscheidet zu Ihrem Nachteil. Ein ähnlicher Fall landete vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG), das klären musste, wie ein Gericht eine solche Entschuldigung prüfen und seine Entscheidung begründen muss….