Der plötzliche Streik der Piloten ließ ihren Flug ausfallen und die Reisepläne von Passagieren platzen. Doch wer trägt die Kosten, wenn ein solcher Arbeitskampf das eigene Personal betrifft? Das Landgericht Landshut hat nun entschieden: Für eine Airline ist dies kein Fall von höherer Gewalt, sondern ein kalkulierbares Geschäftsrisiko. Die Fluggesellschaft muss daher die geforderte Entschädigung zahlen. Zum vorliegenden Urteil Az.: 15 S 1420/20 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Landshut
- Datum: 21.08.2020
- Aktenzeichen: 15 S 1420/20
- Verfahrensart: Endurteil
- Rechtsbereiche: Fluggastrechte
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Passagiere, die Ausgleichszahlungen für den annullierten Flug forderten und argumentierten, der Streik liege im Verantwortungsbereich des Luftfahrtunternehmens und sei kein Außergewöhnlicher Umstand.
- Beklagte: Das ausführende Luftfahrtunternehmen, das die Klageabweisung beantragte und den Streik des eigenen Personals als außergewöhnlichen Umstand ansah, der es von der Ausgleichspflicht entbinde.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Kläger hatten einen Flug gebucht, der weniger als zwei Wochen vor dem geplanten Abflug annulliert wurde. Grund für die Annullierung war ein gewerkschaftlich organisierter Pilotenstreik des Luftfahrtunternehmens, ausgelöst durch gescheiterte Tarifverhandlungen über höhere Löhne und verbesserte Arbeitsbedingungen.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob ein solcher gewerkschaftlich organisierter Streik des eigenen Personals eines Luftfahrtunternehmens einen „außergewöhnlichen Umstand“ im Sinne der Fluggastrechteverordnung darstellt, der das Unternehmen von seiner Pflicht zur Ausgleichszahlung bei Flugannullierung entbindet.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Landgericht Landshut änderte das erstinstanzliche Urteil ab und verurteilte das Luftfahrtunternehmen zur Zahlung von jeweils 400,00 Euro Ausgleichsleistung an die Kläger zuzüglich Zinsen. Die Revision gegen dieses Urteil wurde zugelassen.
- Begründung: Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass der gewerkschaftlich organisierte Streik des eigenen Personals aufgrund von Tarifauseinandersetzungen keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der Fluggastrechteverordnung darstellt. Es führte aus, dass Tarifauseinandersetzungen und die daraus resultierenden Streiks zum normalen unternehmerischen Risiko und zur Tätigkeit eines Luftfahrtunternehmens gehören.
- Folgen: Das Luftfahrtunternehmen muss die geforderte Ausgleichszahlung leisten. Die Revision wurde zugelassen, da die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist und eine einheitliche Rechtsprechung erforderlich ist.
Der Fall vor Gericht
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