Ein unterschriebener Vertrag ist bindend – oder doch nicht? Diese Frage stand im Mittelpunkt eines kuriosen Rechtsstreits um eine Mietvertrags-Auflösung. Als Mieter sich weigerten auszuziehen und sich auf ein Widerrufsrecht beriefen, musste das Landgericht Berlin klären: Gilt die Pflicht zur Wohnungsräumung juristisch als eine Art „Preis“, der einen Rücktritt erlaubt? Zum vorliegenden Urteil Az.: 67 S 213/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Berlin II
- Datum: 19.02.2025
- Aktenzeichen: 67 S 213/24
- Verfahrensart: Beschluss
- Rechtsbereiche: Mietrecht, Verbraucherschutzrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Vermieterseite.
- Beklagte: Die Mieter.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Vermieterseite und die Mieter schlossen eine Vereinbarung zur Beendigung des Mietverhältnisses und Räumung der Wohnung. Nachdem ein Amtsgericht die Mieter zur Räumung verurteilt hatte, legten die Mieter Berufung ein.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Rechtsfrage war, ob den Mietern ein Widerrufsrecht für die Auflösungsvereinbarung zustand, insbesondere ob die Verpflichtung zur Räumung der Wohnung als „Zahlung eines Preises“ im Sinne des Verbraucherschutzrechts (§ 312 Abs. 1 BGB) zu werten ist.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht beabsichtigt, die Berufung der Mieter zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Dies bedeutet, dass das erstinstanzliche Räumungsurteil des Amtsgerichts voraussichtlich bestehen bleibt.
- Begründung: Den Mietern stand kein Widerrufsrecht für die Auflösungsvereinbarung zu. Die Vereinbarung fällt nicht unter den Anwendungsbereich des § 312 Abs. 1 BGB, da die Mieter sich darin nicht zur „Zahlung eines Preises“ im Sinne dieses Gesetzes verpflichtet haben. Die Verpflichtung zur Räumung der Wohnung stellt nach Ansicht des Gerichts keine solche Preiszahlung dar.
- Folgen: Das erstinstanzliche Räumungsurteil gegen die Mieter wird voraussichtlich bestätigt. Die Mieter erhalten die Möglichkeit, zur Entscheidung Stellung zu nehmen oder ihre Berufung zurückzuziehen, wodurch sich die Gerichtsgebühren ermäßigen würden.
Der Fall vor Gericht
Ein unterschriebener Vertrag ist bindend – oder doch nicht?
Jeder kennt das Gefühl: Man hat einen Vertrag unterschrieben und ist nun daran gebunden. Bei Online-Käufen oder an der Haustür abgeschlossenen Verträgen gibt es jedoch oft ein bekanntes „Schlupfloch“: das 14-tägige Widerrufsrecht. Man kann es sich anders überlegen und den Vertrag ohne Angabe von Gründen auflösen. Aber gilt dieses Recht für jede Art von Vertrag? Was passiert zum Beispiel, wenn Mieter und Vermieter eine Vereinbarung unterschreiben, um ein Mietverhältnis vorzeitig zu beenden? Können die Mieter diese Vereinbarung später einfach widerrufen, so wie den Kauf eines Pullovers im Internet? Genau mit dieser Frage musste sich das Landgericht Berlin II beschäftigen.
Der Streit um den Auszug: Wie der Fall vor das Gericht kam
In diesem Fall schlossen eine Vermieterin und ihre Mieter am 29. Juni 2023 eine sogenannte Auflösungsvereinbarung. Das ist ein Vertrag, in dem beide Seiten sich darauf einigen, den bestehenden Mietvertrag zu einem bestimmten Zeitpunkt zu beenden. Die Vermieterin war sogar bereit, den Mietern eine Entschädigung von 30.000 Euro zu zahlen, um ihnen den Auszug und die damit verbundenen Umstände zu erleichtern. Doch als der vereinbarte Zeitpunkt kam, zogen die Mieter nicht aus….