Wenn Baumängel das neue Zuhause trüben, wird oft Geld auf einem Notaranderkonto als Sicherheit hinterlegt. Doch was geschieht, wenn eine Wohnungseigentümergemeinschaft über diese individuellen Rücklagen entscheiden will? Eine einzelne Eigentümerin wehrte sich und zwang die Justiz zu klären, ob die Gemeinschaft über fremdes Geld verfügen darf. Das Urteil wirft ein Schlaglicht auf die Grenzen der Mehrheitsentscheidung. Zum vorliegenden Urteil Az.: 980a C 9/24 WEG | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: AG Hamburg-St. Georg
- Datum: 23.05.2025
- Aktenzeichen: 980a C 9/24 WEG
- Verfahrensart: Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen einen Eigentümerbeschluss
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht (WEG)
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ein Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft, das einen Teil des Kaufpreises für seine Wohnung auf einem Notaranderkonto einbehalten hatte und den Eigentümerbeschluss anfocht.
- Beklagte: Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), deren Beschluss angefochten wurde.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Wohnungseigentümer hatten Kaufpreise wegen Mängeln auf Notaranderkonten einbehalten. Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) fasste einen Beschluss, der vorsah, dass ein Teil dieser einbehaltenen Gelder an eine Drittfirma und der Rest an die WEG ausgezahlt werden sollte, um ein Beweisverfahren wegen Baumängeln zu beenden.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft gültig war, der die Auszahlung von Geldern von Notaranderkonten regelte, obwohl diese Gelder einzelnen Wohnungseigentümern zustanden und die vertraglichen Auszahlungsvoraussetzungen nicht erfüllt waren.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 06.02.2024 zu TOP 3 wurde für ungültig erklärt.
- Begründung: Das Gericht erklärte den Beschluss für nichtig, da er nicht umsetzbar war und Rechte Dritter regelte. Die auf Notaranderkonten hinterlegten Gelder gehörten den einzelnen Käufern und konnten nur mit deren Anweisung und bei Mangelfreiheit ausgezahlt werden – beides war nicht gegeben. Zudem hatte die WEG keine Befugnis, über Gelder von Dritten zu entscheiden.
- Folgen: Der Eigentümerbeschluss ist rechtlich unwirksam, was bedeutet, dass die geplante Vereinbarung zur Auszahlung der Gelder nicht auf Basis dieses Beschlusses umgesetzt werden kann. Die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.
Der Fall vor Gericht
Streit um Baumängel und zurückgehaltenes Geld: Wer darf entscheiden?
Jeder, der eine neue Immobilie kauft, hofft auf ein perfektes Zuhause. Doch was passiert, wenn nach dem Einzug erhebliche Baumängel entdeckt werden? In solchen Fällen ist es üblich und rechtlich vorgesehen, dass der Käufer einen Teil des Kaufpreises zurückhält, bis die Mängel behoben sind. Dieses Geld wird oft auf einem speziellen Treuhandkonto eines Notars, einem sogenannten Notaranderkonto, sicher verwahrt. Aber was geschieht, wenn sich eine ganze Gemeinschaft von Wohnungseigentümern mit den Mängeln eines Bauträgers konfrontiert sieht? Darf die Gemeinschaft dann gemeinsam über das Geld entscheiden, das die einzelnen Käufer zurückgehalten haben? Genau diese Frage musste ein Gericht klären.
Eine Eigentümergemeinschaft fasst einen folgenschweren Beschluss
Die Ausgangslage war komplex….