Im Kampf um Beweise stößt die Polizei oft an sensible Grenzen. Doch darf sie selbst zur Schere greifen, um eine Haarprobe zu nehmen? Oder ist die Entnahme zwingend einem Arzt vorbehalten? Ein aktuelles Gerichtsurteil klärt nun, wann Ermittler eigenständig handeln dürfen und wo die rote Linie des medizinischen Eingriffs verläuft. Zum vorliegenden Urteil Az.: 52 Gs 1157/23 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Hanau
- Datum: 03. November 2023
- Aktenzeichen: 52 Gs 1157/23 4445 Js 3836/23 C
- Verfahrensart: Beschwerdeverfahren im Strafrecht
- Rechtsbereiche: Strafprozessrecht, Strafrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Staatsanwaltschaft, die die Beschwerde gegen die ursprüngliche gerichtliche Anordnung eingelegt hatte.
- Beklagte: Das Amtsgericht, dessen ursprüngliche Anordnung im Beschwerdeverfahren überprüft wurde.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen einen Beschuldigten wegen des Verdachts des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und beantragte die Entnahme einer Haarprobe. Das Amtsgericht ordnete die Entnahme zwar an, bestand aber darauf, dass diese nur durch einen Arzt erfolgen dürfe. Die Staatsanwaltschaft legte dagegen Beschwerde ein, da sie die Entnahme auch durch geschultes Polizeipersonal für möglich hielt.
- Kern des Rechtsstreits: Zentral war die Frage, ob die Entnahme einer Haarprobe zwingend durch einen Arzt erfolgen muss oder auch durch geschultes Polizeipersonal vorgenommen werden kann. Dies hing davon ab, ob eine Haarprobenentnahme als „Körperliche Untersuchung“ oder als „Körperlicher Eingriff“ im Sinne der Strafprozessordnung zu qualifizieren ist.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Landgericht hob die Beschlüsse des Amtsgerichts auf und änderte die Anordnung zur Haarprobenentnahme dahingehend, dass der Arztvorbehalt entfiel. Es wurde die Entnahme einer Haarprobe und deren Untersuchung zur Feststellung von Substanzen angeordnet, wobei die Untersuchung einem rechtsmedizinischen Institut übertragen wurde.
- Begründung: Das Landgericht befand, dass die Entnahme einer Haarprobe eine „körperliche Untersuchung“ und keinen „körperlichen Eingriff“ im Sinne des § 81a StPO darstellt. Eine ärztliche Befähigung sei dafür nicht erforderlich, da die Maßnahme bei fachgerechter Durchführung keine Gesundheitsgefahr berge und auch von ausreichend geschulten Ermittlungspersonen vorgenommen werden könne. Diese Auslegung wurde auch durch die historische Entwicklung der Vorschrift gestützt.
- Folgen: Die Entscheidung ermöglicht die Entnahme von Haarproben im Strafverfahren auch durch geschultes, nicht-medizinisches Personal, insbesondere durch Polizeibedienstete. Dies erleichtert die Beweismittelsicherung in Fällen, in denen Haarproben zur Klärung des Drogen- oder Medikamentenkonsums notwendig sind.
Der Fall vor Gericht
Haarprobe für die Ermittlung: Muss dafür immer ein Arzt kommen?
Jeder kennt es aus Krimis: Die Polizei braucht Beweise. Manchmal sind das Fingerabdrücke, manchmal Fasern von der Kleidung. Aber was ist, wenn es um den eigenen Körper geht? Bei einer Blutprobe ist die Sache klar, die darf nur ein Arzt entnehmen. Aber wie sieht es bei einer Haarprobe aus? Ist das Abschneiden von ein paar Haaren eine einfache polizeiliche Maßnahme oder ein medizinischer Eingriff, der zwingend einen Arzt erfordert? Genau diese Frage musste ein Gericht klären….