Ein Arbeitgeber wollte ein Mitglied des Betriebsrats wiederholt entlassen. Doch der eigentliche Konflikt entzündete sich nicht an der geplanten Kündigung selbst, sondern an der Frage der Anwaltskosten. Zählen mehrere Versuche, dasselbe Arbeitsverhältnis zu beenden, als ein einziger Fall oder verursacht jeder davon separate Gebühren? Das Arbeitsgericht Mannheim hatte hierüber zu entscheiden. Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 BV 6/22 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Arbeitsgericht Mannheim
- Datum: 16.06.2023
- Aktenzeichen: 2 BV 6/22
- Verfahrensart: Beschlussverfahren
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Kostenrecht, Betriebsverfassungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Arbeitgeberin, die die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur fristlosen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds beantragte.
- Beklagte: Der Betriebsrat, dessen Zustimmung zur Kündigung eines Mitglieds ersetzt werden sollte.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Eine Arbeitgeberin beantragte gerichtlich die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur fristlosen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds. Im Rahmen dieses Verfahrens wurden weitere, zuvor separat eingeleitete Zustimmungsersetzungsverfahren, die auf unterschiedlichen Kündigungsvorwürfen basierten, gemeinsam abgeschlossen („miterledigt“).
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, wie der Wert der anwaltlichen Tätigkeit für die Gerichtsgebühren bemessen wird, wenn mehrere, ursprünglich separate Anträge auf Ersetzung der Zustimmung zur Kündigung eines Betriebsratsmitglieds später in einem Verfahren gemeinsam behandelt werden. Insbesondere war strittig, ob diese „miterledigten“ Verfahren für die Streitwertfestsetzung als eigenständige, werterhöhende Gegenstände zu berücksichtigen sind.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Arbeitsgericht Mannheim gab dem Antrag des Betriebsrats statt. Es setzte für jedes der in diesem Verfahren „miterledigten“ ursprünglichen Verfahren einen zusätzlichen Vergleichsmehrwert in Höhe eines vollen Vierteljahresverdienstes an.
- Begründung: Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass jeder Kündigungsvorwurf einen eigenständigen Sachverhalt darstellt, der zu einem separaten Zustimmungsersetzungsverfahren und einer möglichen gesonderten Kündigung führen kann. Die Arbeitgeberin kann separate Kündigungsgründe, die ihr zu unterschiedlichen Zeitpunkten bekannt wurden, nicht beliebig zu einem einzigen Verfahren bündeln. Die Annahme, dass bei mehreren Kündigungsanträgen eine „wirtschaftliche Identität“ bestehe, wurde abgelehnt, da sie der ständigen Rechtsprechung höherer Arbeitsgerichte widerspricht.
- Folgen: Die Entscheidung führte zu einem höheren Wert für die anwaltliche Tätigkeit, was sich auf die Höhe der Anwaltsgebühren auswirkte.
Der Fall vor Gericht
Streit um Anwaltskosten: Wenn ein Arbeitgeber mehrfach versucht, dieselbe Person zu kündigen
Jeder, der schon einmal einen Handwerker beauftragt hat, kennt das: Manchmal tauchen mehrere Probleme auf. Zuerst ist die Heizung kaputt, eine Woche später der Wasserhahn. Beides sind separate Aufträge und werden getrennt berechnet, auch wenn derselbe Handwerker kommt. Doch was passiert, wenn ein Arbeitgeber versucht, ein Betriebsratsmitglied aus mehreren, voneinander unabhängigen Gründen zu kündigen? Werden diese Versuche rechtlich wie separate Aufträge behandelt, die jeweils eigene Kosten verursachen?…