Die Grenzen der Scheinselbstständigkeit werden oft erst vor Gericht gezogen. Eine Dozentin für Heilpraktikerkurse sah sich plötzlich mit der Frage konfrontiert, ob sie überhaupt eine freie Mitarbeiterin war oder doch eine fest angestellte Arbeitnehmerin. Ihre langjährige Zusammenarbeit mit einem Bildungsanbieter endete abrupt, woraufhin das Arbeitsgericht Heilbronn die wahre Natur ihres „Dozentur“-Vertrags untersuchen musste. Die Entscheidung wirft ein Schlaglicht auf die oft nebulöse Abgrenzung von Arbeitsverhältnissen im Bildungsbereich. Zum vorliegenden Urteil Az.: 8 Ca 325/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: ArbG Heilbronn
- Datum: 15.08.2024
- Aktenzeichen: 8 Ca 325/24
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine Lehrkraft, die seit September 2013 als Dozentin für Heilpraktikerausbildung bei der Beklagten tätig war. Sie vertritt die Auffassung, dass ihr Vertragsverhältnis ein Arbeitsverhältnis sei und die Kündigung unwirksam ist.
- Beklagte: Ein privater Anbieter im Bereich Erwachsenenbildung, insbesondere Naturheilkunde. Sie ist der Ansicht, dass das Verhältnis zur Klägerin ein freies Mitarbeiterverhältnis darstellt und die Fristlose Kündigung wirksam war.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Klägerin war als Lehrkraft bei einem privaten Erwachsenenbildungsanbieter tätig. Die Beklagte kündigte alle Lehraufträge fristlos, woraufhin die Klägerin Klage auf Unwirksamkeit der Kündigung erhob.
- Kern des Rechtsstreits: Zentraler Streitpunkt war die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte, welche von der Beklagten gerügt wurde. Hierfür musste geklärt werden, ob das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis oder ein freies Mitarbeiterverhältnis darstellt.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht entschied, dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten zulässig ist. Es stellte fest, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht.
- Begründung: Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Klägerin aufgrund detaillierter Vorgaben zu Inhalten, Terminen und Verhaltensweisen sowie fester Zeit- und Ortsvorgaben in einem hohen Maße in den Unterrichtsbetrieb der Beklagten eingebunden war. Auch die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung und eine Konkurrenzklausel sprachen für eine persönliche Abhängigkeit. Diese Merkmale sind typisch für ein Arbeitsverhältnis und unterscheiden es von einem freien Mitarbeiterverhältnis.
Der Fall vor Gericht
Freelancer oder Angestellte? Ein Gerichtsurteil klärt die Grenzen
Wer als Freiberufler arbeitet, kennt die Situation: Man erhält Aufträge, führt sie aus und stellt eine Rechnung. Doch was passiert, wenn ein Auftraggeber so viele detaillierte Vorschriften macht, dass von unternehmerischer Freiheit kaum noch die Rede sein kann? Genau mit dieser Frage musste sich das Arbeitsgericht Heilbronn befassen, als eine Dozentin gegen ihre fristlose Kündigung klagte und plötzlich geklärt werden musste, ob sie überhaupt eine freie Mitarbeiterin oder nicht doch eine fest angestellte Arbeitnehmerin war.
Der Streitpunkt: Ein Lehrvertrag mit strengen Regeln
Seit über zehn Jahren unterrichtete eine Lehrkraft für einen großen privaten Bildungsanbieter, der in ganz Deutschland Kurse zur Vorbereitung auf die Heilpraktikerprüfung anbietet. Neben ihrer eigenen Praxis als Heilpraktikerin gab sie regelmäßig Kurse an verschiedenen Standorten des Unternehmens….