Die Zusammenarbeit im Büro kann zur Zerreißprobe werden, wenn die persönliche Kommunikation hakt. Ein Software-Entwickler musste diese Erfahrung machen, als sein Arbeitgeber seine Kündigung damit begründete, er sei zu formalistisch und kooperiere nicht ausreichend. Konnte ein Arbeitnehmer seinen Job verlieren, weil er sich bei der Kommunikation lieber an digitale Regeln hielt als an den direkten Kontakt? Das Gericht musste klären, wie viel „Persönlichkeit“ ein Job verträgt. Zum vorliegenden Urteil Az.: 4 Ca 307/20 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Arbeitsgericht Koblenz
- Datum: 09.07.2020
- Aktenzeichen: 4 Ca 307/20
- Verfahrensart: Kündigungsschutzklage
- Rechtsbereiche: Kündigungsschutzrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ein Software-Entwickler, seit 2012 bei dem Unternehmen beschäftigt, der die Kündigungen als sozial ungerechtfertigt ansieht und seine Weiterbeschäftigung beantragt.
- Beklagte: Ein Unternehmen im Bereich automatisierter Reifenkontrollsysteme, das dem Kläger kündigte und die Kündigung aus personenbedingten Gründen (mangelnde Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit) für sozial gerechtfertigt hält.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Der klagende Software-Entwickler wurde von seinem Arbeitgeber, einem Unternehmen für Reifenkontrollsysteme, im Jahr 2020 zweimal gekündigt. Zuvor war er vermehrt für interne Serviceunterstützung eingesetzt worden, wobei es zu Meinungsverschiedenheiten über Arbeitsabläufe und Kommunikation kam.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob die Kündigungen des Software-Entwicklers aufgrund angeblich mangelnder Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit sowie formalistischen Verhaltens sozial gerechtfertigt waren und ob ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung besteht.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien wurde durch die Kündigungen nicht aufgelöst. Das Gericht verurteilte das beklagte Unternehmen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen und trug der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auf.
- Begründung: Die Kündigungen sind sozial ungerechtfertigt, da keine schwerwiegende und dauerhafte Störung des Arbeitsverhältnisses durch in der Person des Klägers liegende Gründe vorlag. Das Gericht sah lediglich eine gewisse Umständlichkeit oder ein formalistisches Verhalten des Klägers, jedoch keine objektiv nachvollziehbaren Pflichtverletzungen, die eine Personenbedingte Kündigung rechtfertigen würden.
- Folgen: Da die Kündigungsschutzklage erfolgreich war, muss das beklagte Unternehmen den Software-Entwickler bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens unter unveränderten Bedingungen weiter beschäftigen.
Der Fall vor Gericht
Ein alltäglicher Konflikt am Arbeitsplatz: Wenn die Chemie nicht stimmt
Jeder kennt das Gefühl: Im Job gibt es Kollegen, mit denen die Zusammenarbeit einfach hakt. Manchmal sind es unterschiedliche Arbeitsweisen, manchmal die Art der Kommunikation. Doch was passiert, wenn ein Arbeitgeber der Meinung ist, ein Mitarbeiter sei aufgrund seiner Persönlichkeit und seiner Art zu kommunizieren für den Job nicht mehr tragbar? Darf er ihm deshalb kündigen? Genau mit dieser Frage musste sich das Arbeitsgericht Koblenz in einem Fall befassen, in dem einem Software-Entwickler vorgeworfen wurde, er sei zu formalistisch und kooperiere nicht richtig mit anderen Abteilungen….