Nach einer Landtagswahl mischen sich die politischen Karten, doch was passiert mit den Arbeitsplätzen von Mitarbeitern mit unbefristeten Verträgen in den Fraktionen? Genau diese Frage führte zu einem bemerkenswerten Rechtsstreit: Eine bayerische Landtagsfraktion kündigte ihrem Angestellten nach der Wahl, obwohl dessen Aufgaben fortbestanden. Das Arbeitsgericht München musste nun klären, ob ein politischer Machtwechsel Arbeitsverhältnisse einfach auflösen kann. Zum vorliegenden Urteil Az.: 6 Ca 6582/23 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: ArbG München
- Datum: 25.01.2024
- Aktenzeichen: 6 Ca 6582/23
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Kläger war ein unbefristet beschäftigter Fraktionsmitarbeiter der beklagten Fraktion, tätig als Referent für Bildung und öffentlichen Dienst. Er argumentierte, dass sein Arbeitsplatz nicht weggefallen sei und sogar ein erhöhter Personalbedarf bestehe.
- Beklagte: Die Beklagte ist eine Fraktion des Bayerischen Landtags. Sie kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers und begründete dies mit dem Entfall des Arbeitsplatzes aufgrund des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Diskontinuität nach einer Landtagswahl.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Der Kläger war seit 2019 unbefristet als Fraktionsmitarbeiter bei der beklagten Fraktion des Bayerischen Landtags angestellt. Nach einer Landtagswahl und Neukonstituierung der Fraktion sprach die Beklagte zwei ordentliche Kündigungen aus. Der Kläger klagte gegen diese Kündigungen.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob die ordentliche Kündigung eines unbefristet beschäftigten Fraktionsmitarbeiters durch eine Landtagsfraktion nach einer Wahl aufgrund des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Diskontinuität betriebsbedingt gerechtfertigt ist, insbesondere im Hinblick auf den fortbestehenden Bedarf an dessen Tätigkeiten.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Arbeitsgericht München stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch beide ausgesprochenen Kündigungen nicht beendet wurde und über den 31.10.2023 hinaus fortbesteht. Die beklagte Fraktion trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- Begründung: Die erste Kündigung wurde als unwirksam angesehen, da der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört wurde und das Anhörungsschreiben inhaltlich fehlerhaft war. Die zweite Kündigung war ebenfalls unwirksam, da kein betriebsbedingter Kündigungsgrund vorlag. Das Gericht argumentierte, dass der Grundsatz der Diskontinuität nicht zum Entfall des Beschäftigungsbedarfs führe, zumal die neue Fraktion einen mindestens gleich großen Bedarf an Arbeitskräften hatte und der Arbeitsplatz des Klägers somit nicht weggefallen ist.
- Folgen: Gegen das Urteil kann die beklagte Fraktion Berufung einlegen.
Der Fall vor Gericht
Wenn die Wahl endet, endet dann auch der Job? Ein Urteil zur Kündigung im Landtag
Jeder kennt das: Nach einer Landtagswahl werden die Karten in der Politik neu gemischt. Parteien gewinnen oder verlieren Sitze, neue Koalitionen werden gebildet und Fraktionen formieren sich neu. Doch was passiert eigentlich mit den Menschen, die für diese Fraktionen arbeiten – den Referenten, den Büromitarbeitern, den Experten? Endet ihr Arbeitsverhältnis automatisch mit dem Ende einer Wahlperiode? Genau mit dieser Frage musste sich das Arbeitsgericht München in einem Fall beschäftigen, der die besondere Stellung von Mitarbeitern im politischen Betrieb beleuchtet….