Wann beweisen Tattoos tatsächlich eine gefährliche Gesinnung? Ein aktuelles Gerichtsurteil beleuchtet, wie weit Richter bei der Deutung von Körperkunst gehen dürfen. Es zeigt auch auf, wann eine spontane Beschimpfung als öffentliche Straftat gilt – und damit härter bestraft werden kann. Zum vorliegenden Urteil Az.: 1 Ss 3/25 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Saarbrücken
- Datum: 11.02.2025
- Aktenzeichen: 1 Ss 3/25
- Verfahrensart: Revision
- Rechtsbereiche: Strafrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Staatsanwaltschaft, die Berufung gegen die erstinstanzlichen Urteile einlegte und später die Berufung auf die Strafhöhe beschränkte.
- Beklagte: Der Angeklagte, der wegen Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen und Beleidigung verurteilt wurde, Berufung und Revision einlegte.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Der Angeklagte wurde vom Amtsgericht in zwei Fällen wegen Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen und Beleidigung verurteilt. Sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft legten Berufung ein. Das Landgericht hob daraufhin die ursprünglichen Urteile auf und verhängte eine höhere Gesamtfreiheitsstrafe, wogegen der Angeklagte Revision einlegte.
- Kern des Rechtsstreits: Zentral waren die Fragen, ob die Berufung des Angeklagten wirksam auf die Strafhöhe beschränkt wurde, ob das Landgericht die Einstellung des Angeklagten bei der Strafzumessung richtig bewertet hatte und ob die Beleidigungen als „öffentlich“ im Sinne des Gesetzes einzustufen waren.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Oberlandesgericht hob das Urteil des Landgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück.
- Begründung: Das Landgericht hatte bei der Strafzumessung die angebliche „rechtsradikale Gesinnung“ des Angeklagten nicht auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage beurteilt. Zudem wurden die Beleidigungen des Angeklagten fälschlicherweise als „öffentlich“ eingestuft, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht gegeben waren. Diese Rechtsfehler im Strafausspruch führten zur Aufhebung des Urteils.
- Folgen: Das vorherige Urteil ist aufgehoben. Der Fall muss nun von einer anderen Kammer des Landgerichts vollständig neu verhandelt und entschieden werden.
Der Fall vor Gericht
Streit um die gerechte Strafe: Wann eine Beleidigung „öffentlich“ ist und was Tattoos vor Gericht beweisen
Was eine Person denkt oder fühlt, ihre innere Einstellung oder „Gesinnung“, ist für Außenstehende schwer zu beurteilen. Doch genau diese Gesinnung kann in einem Strafverfahren eine Rolle spielen, wenn es um die Höhe der Strafe geht. Aber wo zieht ein Gericht die Grenze zwischen einem zulässigen Rückschluss und einer reinen Vermutung? Und was macht eine Beleidigung, die in einem hitzigen Moment fällt, zu einer schwerwiegenderen „öffentlichen“ Straftat? Mit genau diesen Fragen musste sich das Oberlandesgericht Saarbrücken befassen, nachdem ein Mann wegen der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole und mehrfacher Beleidigungen verurteilt worden war.
Der Weg des Falles durch die Gerichte
Alles begann mit zwei separaten Urteilen des Amtsgerichts Saarbrücken. Im ersten Verfahren wurde ein Mann wegen des „Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen“ verurteilt. Konkret ging es um Tattoos mit verbotenen Symbolen….