Eine neue Stelle, eine überraschende ärztliche Diagnose: Für eine Sachbearbeiterin, die als schwerbehindert anerkannt ist, endete die Probezeit jäh, als ihre gesundheitlichen Einschränkungen den Job infrage stellten. Durfte der Arbeitgeber sie daraufhin einfach entlassen? Der Fall landete vor Gericht und warf die brisante Frage auf, wie weit der Schutz für Schwerbehinderte in dieser sensiblen Phase reicht. Zum vorliegenden Urteil Az.: 3 Ca 873/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: ArbG Gera
- Datum: 29.11.2024
- Aktenzeichen: 3 Ca 873/24
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Sozialrecht, Antidiskriminierungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine schwerbehinderte Frau mit einem Grad der Behinderung von 50 %, die vor ihrer Tätigkeit beim Beklagten über 15 Jahre im öffentlichen Dienst beschäftigt war. Sie hielt die Kündigung für unwirksam und diskriminierend und forderte die Durchführung eines Präventionsverfahrens.
- Beklagte: Ein öffentlicher Arbeitgeber, der die Klägerin als Sachbearbeiterin einstellte. Er beantragte die Abweisung der Klage und stützte die Kündigung auf mangelnde Eignung der Klägerin im Verhalten und aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die schwerbehinderte Klägerin wurde als Sachbearbeiterin bei einem öffentlichen Arbeitgeber eingestellt. Während der sechsmonatigen Probezeit ergab eine Einstellungsuntersuchung, dass sie keine Kraftfahrzeuge führen und nicht allein arbeiten durfte. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis sowohl aufgrund dieser gesundheitlichen Einschränkungen als auch wegen angeblich mangelnder Sozialkompetenzen und Arbeitsleistung der Klägerin.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob die Probezeitkündigung einer schwerbehinderten Arbeitnehmerin wirksam war. Insbesondere wurde geprüft, ob die Kündigung eine unzulässige Diskriminierung wegen der Behinderung darstellte und ob der Arbeitgeber vor der Kündigung ein Präventionsverfahren nach dem Sozialgesetzbuch hätte durchführen müssen.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage der Arbeitnehmerin wurde abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- Begründung: Das Gericht befand die Kündigung für wirksam, da weder allgemeiner noch besonderer Kündigungsschutz (für Schwerbehinderte) griff, weil die sechsmonatige Wartezeit nicht erfüllt war. Eine Diskriminierung wegen Behinderung wurde verneint, da die gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin für wesentliche Aufgaben der Stelle (Fahren, Alleinarbeit) relevant waren und die Kündigung zudem auf ihre mangelnde Sozialkompetenz und Arbeitsleistung gestützt wurde. Ein Präventionsverfahren musste während der Probezeit nicht vor der Kündigung abgeschlossen sein und hätte im vorliegenden Fall das Arbeitsverhältnis nicht erhalten.
- Folgen: Die Kündigung der Klägerin war wirksam, wodurch ihr Arbeitsverhältnis endete. Sie muss die Kosten des Gerichtsverfahrens tragen.
Der Fall vor Gericht
Kündigung in der Probezeit: Was gilt, wenn eine Behinderung die Arbeit erschwert?
Jeder kennt die Situation: Die ersten Monate in einem neuen Job sind oft eine Probezeit. In dieser Phase können sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit einer kurzen Frist und ohne Angabe von Gründen beenden….