Enge Straßen in Wohngebieten sind oft Schauplätze unerwarteter Begegnungen. So kam es in einer solchen Gasse zum Zusammenstoß zwischen einem Pkw und einem tonnenschweren Müllwagen, für den dort eigentlich ein klares Durchfahrtsverbot galt. Doch auch der entgegenkommende Autofahrer hätte anders reagieren können. Die zentrale Frage war: Wer trägt die Verantwortung, wenn beide Seiten nicht optimal agieren? Zum vorliegenden Urteil Az.: 7 U 91/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein
- Datum: 14.01.2025
- Aktenzeichen: 7 U 91/24
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Schadensersatzrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Fahrer und Eigentümer eines Pkw, der nach einem Verkehrsunfall vollen Schadensersatz von den Beklagten forderte und gegen die erstinstanzliche Haftungsverteilung Berufung einlegte.
- Beklagte: Der Fahrer eines Müllentsorgungs-LKW, das Unternehmen, dem der LKW gehört, und deren Haftpflichtversicherung.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Ein Pkw und ein Müllentsorgungs-Lkw kollidierten auf einer engen Gemeindestraße, die für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen gesperrt war. Der Lkw wurde zum Unfallzeitpunkt lediglich überführt und nicht für die Müllentsorgung eingesetzt.
- Kern des Rechtsstreits: Zentral war die Frage der Haftungsverteilung und des Schadensersatzes nach einem Begegnungsunfall. Es ging darum, wer in welchem Umfang für den Schaden haftet, da beide Parteien Verkehrsverstöße begangen haben sollen.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein beabsichtigte, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen. Die Berufung bot offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
- Begründung: Das Gericht bestätigte die vom Landgericht vorgenommene Haftungsabwägung von 80% zu Lasten der Beklagten und 20% zu Lasten des Klägers. Der Lkw-Fahrer hatte gegen das Einfahrverbot für schwere Fahrzeuge und das Rechtsfahrgebot verstoßen. Der Kläger wurde mitverantwortlich gemacht, weil er trotz erkannter Engstelle weiterfuhr und so gegen das Rücksichtnahmegebot verstieß.
- Folgen: Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen. Damit bleibt es bei der bereits vom Landgericht festgelegten Haftungsverteilung von 80% zu Lasten der Beklagten und 20% zu Lasten des Klägers.
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