Ein schwerer Verkehrsunfall an einer Kreuzung schien die Schuldfrage eindeutig zu klären: Wer die Vorfahrt missachtet, trägt die volle Verantwortung. Doch kurz vor dem Crash hatte die vorfahrtsberechtigte Rollerfahrerin eine Fußgängerampel „gerade noch“ bei Gelblicht passiert. Konnte dieses Ampel-Detail die Rolle des Hauptverursachers relativieren? Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein traf eine klare Entscheidung. Zum vorliegenden Urteil Az.: 7 U 10/25 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein
- Datum: 14.04.2025
- Aktenzeichen: 7 U 10/25
- Verfahrensart: Berufungsverfahren (Beschluss)
- Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Haftungsrecht, Versicherungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine Motorrollerfahrerin, die bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt wurde und Schadensersatz forderte. Sie wehrte die Berufung der Gegenseite erfolgreich ab.
- Beklagte: Der Fahrer, der Halter des unfallverursachenden Fahrzeugs und die Haftpflichtversicherung des Fahrzeugs. Sie hatten in der Berufung eine geringere Haftung beabsichtigt.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Am 19. Januar 2019 ereignete sich ein Verkehrsunfall an einer Kreuzung, als ein Pkw-Fahrer das Vorfahrtsrecht einer vorfahrtsberechtigten Motorrollerfahrerin missachtete. Die Motorrollerfahrerin prallte in das Auto und erlitt schwere Verletzungen.
- Kern des Rechtsstreits: Der zentrale Streitpunkt war die Frage, ob die beklagten Parteien zu 100% für den Verkehrsunfall haftbar sind. Insbesondere sollte geklärt werden, ob ein von den beklagten Parteien behaupteter, aber unbewiesener Gelblichtverstoß der Klägerin an einer vorgeschalteten Ampel zu einer Mithaftung führen würde.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung der beklagten Parteien gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts wurde zurückgewiesen. Damit blieb es bei der vollständigen Haftung der beklagten Parteien für den Unfallschaden und das zugesprochene Schmerzensgeld.
- Begründung: Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hatte. Die vollständige Haftung der beklagten Parteien wurde bestätigt, da der Unfallverursacher das Vorfahrtsrecht missachtete. Ein von den beklagten Parteien behaupteter, aber nicht bewiesener Gelblichtverstoß der Klägerin war nicht relevant für die Haftungsabwägung.
- Folgen: Die beklagten Parteien müssen weiterhin zu 100% für alle materiellen und immateriellen Schäden der Klägerin aus dem Unfall aufkommen. Das in erster Instanz zugesprochene Schmerzensgeld sowie die weiteren Schadensersatzansprüche bleiben bestehen. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen ebenfalls die beklagten Parteien.
Der Fall vor Gericht
Unfall an der Kreuzung: Wer hat Schuld, wenn die Ampel vorher Gelb zeigte?
Jeder Autofahrer kennt die Situation: Man fährt auf einer Vorfahrtsstraße und nähert sich einer Kreuzung. Plötzlich biegt ein anderes Fahrzeug aus einer Seitenstraße ein und missachtet die Vorfahrt. Die Schuldfrage scheint klar. Aber was ist, wenn sich kurz vor dieser Kreuzung eine Fußgängerampel befindet, die man selbst vielleicht gerade noch bei Gelblicht überquert hat? Ändert das etwas an der Haftung für den Unfall? Genau mit dieser komplexen Frage musste sich das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein befassen….