Ein schwerwiegender Cyberangriff legte das Geschäft eines großen Online-Unternehmens lahm. Doch statt auf die erhoffte Entschädigung ihrer Cyber-Versicherung zählen zu können, verweigerte der Versicherer die Zahlung. Der Grund: Bei Vertragsabschluss seien entscheidende Fragen zur IT-Sicherheit „ins Blaue hinein“ beantwortet worden. Ein Gericht urteilte nun, dass ein solches Vorgehen den Versicherungsschutz von Anfang an zunichtemacht. Zum vorliegenden Urteil Az.: 16 U 63/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Schleswig
- Datum: 09.01.2025
- Aktenzeichen: 16 U 63/24
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Zivilrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ein Unternehmen, das nach einem Schadensfall Leistungen aus einer Cyber-Versicherung forderte.
- Beklagte: Die Versicherungsgesellschaft, die den Versicherungsvertrag wegen mutmaßlich arglistiger Täuschung angefochten hatte.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Ein Unternehmen (Klägerin) beantragte Leistungen aus einer Cyber-Versicherung nach einem Schadensfall im Oktober 2020. Die Versicherungsgesellschaft (Beklagte) focht den Versicherungsvertrag an, da sie der Ansicht war, dass der für das Unternehmen handelnde Vertreter (Zeuge J.) bei den Antragsfragen zur IT-Sicherheit unzutreffende Angaben gemacht hatte. Das Landgericht hatte die Klage des Unternehmens bereits abgewiesen, woraufhin das Unternehmen Berufung einlegte.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale juristische Frage war, ob dem Unternehmen Entschädigungsansprüche aus der Cyber-Versicherung zustehen, nachdem die Versicherungsgesellschaft den Vertrag wegen arglistiger Täuschung bei der Beantwortung von Antragsfragen zur IT-Sicherheit angefochten hatte und ob diese Anfechtung wirksam war.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung des Unternehmens (Klägerin) gegen das Urteil der Vorinstanz wurde zurückgewiesen. Das Unternehmen trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
- Begründung: Das Gericht bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies die Berufung zurück, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hatte. Es befand, dass dem Unternehmen keine Entschädigungsansprüche zustehen, weil die Versicherungsgesellschaft den Vertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten hat. Das Erklärungsverhalten des Vertreters des Unternehmens (Zeuge J.) wurde als arglistig bewertet, was den Vertrag von Anfang an nichtig macht.
- Folgen: Der Versicherungsvertrag ist aufgrund der wirksamen Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen. Dies hat zur Folge, dass das Unternehmen keine Ansprüche auf Leistungen aus der Cyber-Versicherung für den gemeldeten Schaden hat. Das Unternehmen muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.
Der Fall vor Gericht
Falsche Angaben bei der Cyber-Versicherung: Warum „ins Blaue hinein“ antworten teuer werden kann
Jeder, der schon einmal eine Versicherung abgeschlossen hat, kennt das Prozedere: Bevor die Versicherung den Schutz zusagt, stellt sie Fragen. Bei einer Autoversicherung geht es um die gefahrenen Kilometer, bei einer Lebensversicherung um den Gesundheitszustand. Es ist allgemein bekannt, dass diese Fragen wahrheitsgemäß beantwortet werden müssen. Doch was passiert, wenn die Fragen so technisch und spezifisch sind, dass man die Antwort gar nicht genau kennt? Darf man dann schätzen oder einfach davon ausgehen, dass schon alles in Ordnung sein wird?…