Jeder Raser kennt die Angst vor einem Fahrverbot – oft versucht man, es mit einem höheren Bußgeld abzuwenden. Doch genau das wurde einem Autofahrer zum Verhängnis, als sein Gericht den Führerscheinentzug aussetzte, die Geldbuße aber drastisch erhöhte. Erstaunlicherweise legte der Betroffene selbst Rechtsmittel ein, obwohl er scheinbar begünstigt wurde. Ein packender Fall, der zeigt, wann ein scheinbar milder Spruch plötzlich rechtswidrig ist. Zum vorliegenden Urteil Az.: 1 ORbs 60/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein
- Datum: 19.06.2024
- Aktenzeichen: 1 ORbs 60/24
- Verfahrensart: Rechtsbeschwerdeverfahren
- Rechtsbereiche: Ordnungswidrigkeitenrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Betroffene, gegen den das Amtsgericht eine Geldbuße verhängt hatte und der die gerichtliche Entscheidung wegen Rechtsfehlern anfocht. Er rügte, dass keine ausreichenden Feststellungen zu seinem Sachverhalt und seinen wirtschaftlichen Verhältnissen getroffen wurden und das Absehen vom Fahrverbot nicht begründet war.
- Beklagte: Die Generalstaatsanwaltschaft, die beantragte, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen. Sie argumentierte, dass die erhöhte Geldbuße milder sei als ein Fahrverbot, insbesondere da der Betroffene beruflich und zur Versorgung seiner pflegebedürftigen Tochter auf sein Fahrzeug angewiesen sei.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Ein Amtsgericht verhängte gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung um 32 km/h eine Geldbuße von 600 Euro. Dabei wurde das sonst übliche Fahrverbot nicht angeordnet, sondern die Geldbuße verdreifacht.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob das Urteil des Amtsgerichts fehlerhaft war. Das Oberlandesgericht prüfte, ob unzureichende Feststellungen zum Sachverhalt, zur Begründung des Fahrverbotsverzichts und zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen Rechtsfehler darstellen, die das Urteil zugunsten des Betroffenen aufheben.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Oberlandesgericht hob das angefochtene Urteil des Amtsgerichts und dessen Feststellungen auf. Die Angelegenheit wurde zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen.
- Begründung: Das Gericht sah Rechtsfehler im Urteil, die zum Nachteil des Betroffenen gereichten. Es gab Darstellungsmängel im Schuldspruch, da die Feststellungen zur Geschwindigkeitsüberschreitung und zur Nutzung von Beweismitteln (Video/Lichtbilder) unzureichend waren. Zudem fehlte eine detaillierte, auf Tatsachen gestützte Begründung, warum vom Fahrverbot abgesehen und stattdessen die Geldbuße verdreifacht wurde, insbesondere ohne Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen.
- Folgen: Die Sache wird erneut vor dem Amtsgericht verhandelt. Das Amtsgericht kann dabei keine schlechtere Sanktion wie ein Fahrverbot verhängen, darf aber neue Feststellungen zur Schuldform treffen und prüfen, ob die Tat vorsätzlich begangen wurde, was eine höhere Regelbuße zur Folge hätte.
Der Fall vor Gericht
Geblitzt: Wenn ein milderes Urteil trotzdem rechtswidrig ist
Jeder Autofahrer kennt die Situation: Ein kurzer Moment der Unachtsamkeit, ein übersehenes Schild, und schon blitzt es. Die Konsequenzen sind meist ein Bußgeldbescheid und bei schwereren Verstößen droht zusätzlich ein Fahrverbot….