Immobilien frühzeitig an Kinder zu übertragen ist für viele Eltern ein Wunsch. Doch wenn dabei ein bestehendes Darlehen übernommen wird, stellt sich eine entscheidende Frage: Handelt es sich um ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft oder eine Schenkung? Der Bundesfinanzhof hat nun entschieden, dass die Schuldübernahme durch das Kind wie eine Bezahlung gewertet wird. Ein Vater muss nun einen hohen Veräußerungsgewinn versteuern, obwohl seine Tochter ihn nur von seinen Verbindlichkeiten befreite. Zum vorliegenden Urteil Az.: IX R 17/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Bundesfinanzhof (BFH)
- Datum: 11. März 2025
- Aktenzeichen: IX R 17/24
- Verfahrensart: Revision
- Rechtsbereiche: Einkommensteuerrecht, Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der ehemalige Eigentümer einer Immobilie, der diese innerhalb der gesetzlichen Frist an seine Tochter übertrug. Er argumentierte, dass kein steuerbarer Gewinn vorliege, da die Gegenleistung unter seinen ursprünglichen Anschaffungskosten lag.
- Beklagte: Das Finanzamt, das die Übertragung als steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft einstufte und einen Gewinn ermittelte. Es vertrat die Ansicht, dass die Transaktion in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen sei.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Ein Kläger übertrug eine 2014 erworbene und vermietete Immobilie im Jahr 2019 auf seine Tochter. Als Gegenleistung übernahm die Tochter ein auf der Immobilie lastendes Bankdarlehen des Klägers, dessen Betrag unter den ursprünglichen Anschaffungskosten der Immobilie lag.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob diese teilentgeltliche Übertragung (Schuldübernahme als Gegenleistung) innerhalb der gesetzlichen Zehnjahresfrist ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft gemäß Einkommensteuergesetz darstellt, insbesondere wenn die Gegenleistung unter den ursprünglichen Anschaffungskosten liegt, und wie ein dabei entstehender Gewinn zu ermitteln ist.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des Finanzgerichts auf und wies die Klage des Klägers ab. Damit bestätigte er die ursprüngliche Steuerfestsetzung des Finanzamtes.
- Begründung: Das Gericht bestätigte, dass die Schuldübernahme durch die Tochter eine entgeltliche Gegenleistung darstellt und somit ein privates Veräußerungsgeschäft vorliegt. Es wandte die „Strenge Trennungstheorie“ an, wonach der Vorgang in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen ist. Der Kläger habe auf den entgeltlichen Teil einen steuerbaren Gewinn erzielt, selbst wenn die gesamte Gegenleistung unter seinen ursprünglichen Anschaffungskosten lag. Eine Doppelbesteuerung mit Schenkungsteuer wurde verneint, da beide Steuerarten unterschiedliche Teile des Vorgangs erfassen.
- Folgen: Der Kläger muss den vom Finanzamt angesetzten steuerbaren Veräußerungsgewinn in Höhe von 40.655 € versteuern. Er trägt außerdem die Kosten des gesamten Verfahrens.
Der Fall vor Gericht
Ein Haus für die Tochter – Geschenk oder teurer Verkauf?
Viele Eltern möchten ihren Kindern schon zu Lebzeiten eine Immobilie übergeben, beispielsweise das Elternhaus oder eine vermietete Wohnung. Oft lastet auf so einem Haus aber noch ein Kredit bei der Bank….