Ein vor Jahrzehnten geschlossener Ehevertrag sollte einst für finanzielle Sicherheit im Scheidungsfall sorgen und einen landwirtschaftlichen Betrieb schützen. Doch was passiert, wenn sich das Gesetz im Laufe der Zeit grundlegend wandelt und der vermeintlich „wasserdichte“ Pakt plötzlich nutzlos wird? Ein Kläger sah sich um hohe Summen geprellt und forderte Schadensersatz von jenem Notar, der den Vertrag einst beurkundet hatte. Nun musste ein Gericht klären, ob ein Jurist die Zukunft hätte vorhersehen müssen. Zum vorliegenden Urteil Az.: 4 O 47/21 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Frankenthal (Pfalz)
- Datum: 26.07.2021
- Aktenzeichen: 4 O 47/21
- Verfahrensart: Klageverfahren
- Rechtsbereiche: Notarhaftungsrecht, Familienrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ein Ehemann, der von einem ehemaligen Notar Schadensersatz forderte. Er war der Meinung, der Notar habe seine Belehrungspflicht verletzt, indem er bei der Beurkundung eines Ehevertrags im Jahr 1991 nicht auf die Möglichkeit einer späteren Unwirksamkeit von Regelungen hingewiesen habe.
- Beklagte: Ein ehemaliger Notar, der den Ehevertrag beurkundet hatte. Er verteidigte sich damit, dass die spätere Änderung der Rechtsprechung zum Zeitpunkt der Beurkundung nicht absehbar gewesen sei.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Der Kläger und seine damalige Lebensgefährtin schlossen 1991 einen Ehevertrag mit Gütertrennung, Versorgungsausgleichs- und Unterhaltsverzicht. Nach der Scheidung im Jahr 2019 musste der Kläger entgegen den vertraglichen Vereinbarungen erhebliche Zahlungen an seine Ex-Frau leisten.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob der Notar, der den Ehevertrag beurkundet hatte, eine Amtspflichtverletzung beging, weil er nicht über die Möglichkeit einer späteren Unwirksamkeit oder Sittenwidrigkeit der Vertragsregelungen infolge einer erst später entwickelten Rechtsprechung belehrt hatte.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen.
- Begründung: Das Gericht sah keine Amtspflichtverletzung des Notars, da er zum Zeitpunkt der Beurkundung nicht zukünftige Rechtsprechungsentwicklungen antizipieren musste. Die relevante Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von Eheverträgen entwickelte sich erst ab 2001/2004. Auch nach damaliger Rechtslage war der Vertrag nicht sittenwidrig, und eine Ausnahme von der Vertragsfreiheit war aufgrund der bekannten Umstände nicht geboten.
- Folgen: Der Kläger muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.
Der Fall vor Gericht
Ein Ehevertrag für die Ewigkeit? Was passiert, wenn sich das Recht ändert?
Jeder, der heiratet, denkt über die Zukunft nach. Manchmal gehört dazu auch ein Ehevertrag. Dieses Dokument soll klare Verhältnisse schaffen, besonders für den Fall, dass die Ehe eines Tages geschieden wird. Man trifft Vereinbarungen über Vermögen, Unterhalt und die Rente, um späteren Streit zu vermeiden. Aber was passiert, wenn ein solcher Vertrag, der vor Jahrzehnten geschlossen wurde, bei der Scheidung plötzlich nicht mehr das Papier wert ist, auf dem er steht? Was, wenn sich die Gesetze und die Rechtsprechung der Gerichte in der Zwischenzeit grundlegend geändert haben? Genau mit dieser Frage musste sich das Landgericht Frankenthal beschäftigen.
Der Streit um einen 30 Jahre alten Vertrag
Die Geschichte beginnt im Jahr 1991. Ein damals 25-jähriger Mann, der einen landwirtschaftlichen Betrieb besaß, wollte heiraten….