Wer geblitzt wird, kennt das mulmige Gefühl – doch was, wenn man der Messung nicht traut? Ein Autofahrer in Baden-Baden forderte umfassende Einsicht in die gesamten Blitzerdaten einer Geschwindigkeitskontrolle, um die Technik zu überprüfen. Diese Forderung führte zu einem ungewöhnlichen Rechtsstreit, der die Gerichte vor ein sensibles Dilemma stellte: Das Recht auf ein faires Verfahren gegen den Schutz der Daten unbeteiligter Dritter. Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 Qs 107/19 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Baden-Baden
- Datum: 06.12.2019 und 20.12.2019
- Aktenzeichen: 2 Qs 107/19
- Verfahrensart: Beschwerdeverfahren
- Rechtsbereiche: Ordnungswidrigkeitenrecht, Verkehrsrecht, Datenschutzrecht, Verfassungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Betroffene, dem ein Verkehrsverstoß in einem Bußgeldverfahren vorgeworfen wurde und der Einsicht in Messdaten begehrte.
- Beklagte: Die zuständige Verwaltungsbehörde, die die Messdaten verwaltete und die Herausgabe zunächst verweigerte oder einschränkte.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Dem Betroffenen wurde in einem Bußgeldverfahren ein Verkehrsverstoß vorgeworfen, der mittels standardisiertem Messverfahren festgestellt wurde. Er begehrte über seine Verteidigung oder einen Sachverständigen Einsicht in die nicht anonymisierten Falldatensätze der gesamten Messreihe, was das Amtsgericht Rastatt verweigerte oder einschränkte. Der Betroffene legte daraufhin Beschwerde beim Landgericht ein und nach dem ersten Beschluss noch eine Gegenvorstellung.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob einem Betroffenen in einem Bußgeldverfahren Anspruch auf Zugang zu nicht anonymisierten Falldatensätzen einer Messreihe zusteht und in welcher Form dieser Zugang unter Berücksichtigung des Datenschutzes Dritter zu gewähren ist.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Landgericht Baden-Baden wies die zuständige Behörde an, die Falldatensätze der Messreihe der Verteidigung oder einem Sachverständigen zur Einsichtnahme bei der Behörde zugänglich zu machen (Beschluss vom 06.12.2019). Eine spätere Gegenvorstellung des Betroffenen, die Daten auch außerhalb der Behördenräume einsehen zu können, wurde zurückgewiesen (Beschluss vom 20.12.2019).
- Begründung: Die Beschwerde war zulässig, da bei geringer Geldbuße eine spätere Rechtsbeschwerde oft nicht möglich wäre. Das Gericht begründete das Recht auf Zugang zu den Messdaten mit dem Gebot des fairen Verfahrens, um „Parität des Wissens“ herzustellen und eine sachverständige Überprüfung zu ermöglichen. Die Einsichtnahme muss jedoch bei der Behörde erfolgen, um die datenschutzrechtlichen Interessen dritter Verkehrsteilnehmer zu schützen. Die Argumente des Betroffenen für einen externen Zugang traten hinter diesen Datenschutzinteressen zurück.
- Folgen: Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen wurden der Staatskasse auferlegt.
Der Fall vor Gericht
Geblitzt – und dann? Ein Blick auf das Recht, Messdaten einzusehen
Wer Auto fährt, kennt das ungute Gefühl: Ein Blitz am Straßenrand, und schon ist klar, dass bald Post von der Bußgeldstelle im Kasten liegen könnte. Oft fragt man sich dann, ob die Messung wirklich korrekt war. Genau um eine solche Situation, genauer gesagt um das Recht, die Messdaten einer Geschwindigkeitskontrolle vollständig einsehen zu dürfen, ging es in einem Verfahren vor dem Landgericht Baden-Baden….