Nach Jahren als geschätzter Leiharbeiter schien für Herrn M. der Traum von der Festanstellung endlich wahr zu werden. Doch noch bevor er sich in seinen neuen Aufgaben richtig einarbeiten konnte, endete die Reise abrupt: Mitten in der gesetzlichen Wartezeit erhielt er die Kündigung. Das Landesarbeitsgericht musste nun klären, wie weit die Freiheit des Arbeitgebers in diesen heiklen Anfangsmonaten eines neuen Jobs wirklich reicht. Zum vorliegenden Urteil Az.: 7 Sa 251/21 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
- Datum: 16.02.2022
- Aktenzeichen: 7 Sa 251/21
- Verfahrensart: Berufung
- Rechtsbereiche: Kündigungsschutzgesetz (KSchG), Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ein Arbeitnehmer, der zunächst als Leiharbeiter und später direkt bei der Beklagten angestellt war. Er klagte gegen seine Kündigung, da er die Betriebsratsanhörung für mangelhaft hielt und die Kündigung als Maßregelung für die Ausübung seiner Rechte oder als Verstoß gegen Treu und Glauben ansah.
- Beklagte: Das Unternehmen, das dem Kläger innerhalb der Wartezeit gekündigte hatte. Sie verteidigte die Kündigung mit der Begründung mangelnden handwerklichen Geschicks und zu langsamer Arbeitsweise des Klägers. Zudem vertrat sie die Ansicht, die Betriebsratsanhörung sei korrekt gewesen und es liege kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Der Kläger war nach einer Zeit als Leiharbeiter zum 1. August 2020 direkt bei der Beklagten angestellt worden. Während einer Einlernphase in einer neuen Tätigkeit bat er um Rückversetzung auf seinen früheren Einsatzplatz als Lkw-Fahrer. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31. Dezember 2020.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob die Kündigung des Arbeitsverhältnisses in der sechsmonatigen Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes wirksam war. Dabei standen die korrekte Anhörung des Betriebsrats, das Verbot der Benachteiligung wegen Rechtsausübung (Maßregelungsverbot) und der Grundsatz von Treu und Glauben im Fokus.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung des Klägers gegen die erstinstanzliche Klageabweisung wurde zurückgewiesen. Das Arbeitsverhältnis endete demnach wirksam durch die Kündigung der Beklagten.
- Begründung: Das Gericht befand die Kündigung als wirksam, da sie innerhalb der Wartezeit erfolgte. Die Betriebsratsanhörung war ordnungsgemäß, und es wurde kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot oder Treu und Glauben festgestellt.
- Folgen: Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete wie von der Beklagten beabsichtigt zum 31. Dezember 2020. Eine weitere Überprüfung der Entscheidung durch ein höheres Gericht (Revision) wurde nicht zugelassen.
Der Fall vor Gericht
Kündigung in der Probezeit: Muss der Chef immer detaillierte Gründe nennen?
Die ersten Monate in einem neuen Job sind oft eine aufregende Zeit des Kennenlernens und Einarbeitens. Viele sehen diese Anfangsphase als eine Art Probezeit, in der sich beide Seiten – Arbeitnehmer und Arbeitgeber – beschnuppern können. Doch was geschieht, wenn gerade in dieser sensiblen Phase, in der man vielleicht noch dabei ist, sich in neue Aufgaben einzuarbeiten, eine Kündigung ausgesprochen wird? Fühlt man sich da nicht oft schutzlos und fragt sich, ob das so einfach geht?…