Ein Jahrzehnte langer Kündigungsschutz für verdiente Mitarbeiter – eigentlich eine feste Bank im Arbeitsleben. Doch was, wenn der Arbeitgeber plötzlich eine komplette Abteilung schließen und outsourcen will? Genau diese Frage beschäftigte eine Revisorin mit Schwerbehinderung, die sich einer drastischen Job-Änderung gegenübersah und klagte. Ihr Kampf um den alten Arbeitsplatz zeigte, wie dünn die Linie zwischen unternehmerischer Freiheit und dem Recht auf Job-Sicherheit verlaufen kann. Zum vorliegenden Urteil Az.: 5 Sa 138/23 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
- Aktenzeichen: 5 Sa 138/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Kündigungsschutzrecht (KSchG), Antidiskriminierungsrecht (AGG), Schwerbehindertenrecht (SGB IX), Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine 1963 geborene, schwerbehinderte Frau mit einem Grad der Behinderung von 50. Sie war seit 1991 bei der Beklagten beschäftigt und zuletzt als einzige Mitarbeiterin in der Abteilung Interne Revision tätig. Sie klagte gegen die Änderung ihrer Arbeitsbedingungen und forderte Entschädigung wegen behaupteter Diskriminierung.
- Beklagte: Ein kirchliches Gesundheits- und Sozialunternehmen mit rund 4.500 Mitarbeitern. Sie sprach der Klägerin eine außerordentliche Änderungskündigung aus, nachdem sie die internen Revisionsleistungen an eine externe Wirtschaftsprüfungsgesellschaft fremdvergeben hatte.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die schwerbehinderte Klägerin war seit 1991 bei der Beklagten, einem kirchlichen Unternehmen, als Revisorin in der internen Revision beschäftigt. Die Beklagte beschloss die Fremdvergabe der Revisionsleistungen und die Schließung der Abteilung. Nach gescheiterten Gesprächen über eine einvernehmliche Aufgabenänderung sprach die Beklagte eine außerordentliche Änderungskündigung mit Auslauffrist aus, die die Klägerin unter Vorbehalt annahm.
- Kern des Rechtsstreits: Im Kern ging es um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Änderungskündigung durch die Beklagte, die die Klägerin aufgrund der Schließung ihrer Abteilung erhalten hatte. Zudem wurde über Entschädigungsansprüche der Klägerin wegen behaupteter Diskriminierung aufgrund ihrer Schwerbehinderung gestritten, da kein Präventionsverfahren durchgeführt worden sei.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Landesarbeitsgericht hob das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Trier auf und wies die Klage der Klägerin vollständig ab. Auch die von der Klägerin eingelegte Anschlussberufung wurde zurückgewiesen. Die Klägerin muss die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen.
- Begründung: Das Gericht befand die außerordentliche Änderungskündigung der Beklagten für rechtswirksam. Ein wichtiger Grund lag in der unternehmerischen Entscheidung der Beklagten zur Fremdvergabe der Revisionsleistungen, wodurch die Beschäftigungsmöglichkeit der Klägerin als Revisorin entfiel. Daher bestanden keine Ansprüche der Klägerin auf Weiterbeschäftigung als Revisorin oder auf Entschädigung wegen Diskriminierung.
- Folgen: Da die außerordentliche Änderungskündigung für rechtswirksam erklärt wurde, wird das Arbeitsverhältnis der Klägerin zu den geänderten Bedingungen fortgesetzt, die sie unter Vorbehalt angenommen hatte. Die Klagen auf Beschäftigung als Revisorin und auf Entschädigung wegen Diskriminierung wurden endgültig abgewiesen….