Könnte ein einfaches Zusammenziehen mit der neuen Liebe die finanzielle Welt eines Vaters komplett auf den Kopf stellen? Eine wegweisende BGH-Entscheidung beleuchtet nun, wie eng die Haushaltskasse einer Patchwork-Familie mit dem Kindesunterhalt verknüpft ist. Sie zeigt: Wenn zwei Haushalte zu einem werden, kann das für Unterhaltspflichtige weitreichende – und teure – Folgen haben.
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Der BGH hat entschieden, dass der Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen bei Zusammenleben mit einem neuen Partner gekürzt werden kann.
- Grund dafür sind typischerweise entstehende Haushaltsersparnisse, pauschal 10% des Selbstbehalts.
- Voraussetzung ist, dass der neue Partner sein eigenes Existenzminimum als Nichterwerbstätiger durch Einkommen decken kann.
- Der höhere „Erwerbstätigenbonus“ des neuen Partners ist bei dieser Prüfung nicht zu berücksichtigen.
- Die Beweislast dafür, dass keine Ersparnisse entstehen, liegt beim Unterhaltspflichtigen.
- Dies führt oft zu einer höheren Unterhaltsbelastung für den Pflichtigen.
BGH-Urteil: Weniger Selbstbehalt für Väter durch neue Partnerschaft?
Für Herrn K. war es ein Kampf an vielen Fronten. Der 1974 geborene Vater litt unter psychischen Problemen, ein Grad der Behinderung von 50% war festgestellt worden. Nach längerer Krankheit und Arbeitslosigkeit fand er immer wieder befristete Jobs, zuletzt als Maschinenbediener mit einem Nettoeinkommen von rund 1.321 € monatlich. Doch auch diese Anstellung endete, und Herr K. war erneut auf Arbeitslosengeld angewiesen. Seit 2014 lebte seine Tochter J., geboren im Mai 2012, nach der Trennung der Eltern bei der Mutter. Für ihren Unterhalt kam zunächst die Unterhaltsvorschusskasse des Landes auf. Seit 2023 hatte Herr K. ein neues privates Glück gefunden: Er zog mit seiner neuen Lebensgefährtin zusammen, einer Altenpflegerin, die in Teilzeit etwa 1.195 € netto verdiente. Doch genau dieses Zusammenleben rückte nun in den Fokus der Juristen. Das Land, das für den Unterhalt von J. in Vorleistung getreten war, forderte das Geld von Herrn K. zurück. Die zentrale Frage, die bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) getragen wurde: Muss Herr K. mehr Unterhalt zahlen, weil er durch das Zusammenleben mit seiner neuen Partnerin Geld spart? Und wenn ja, wie wird das berechnet, insbesondere wenn die Partnerin selbst kein üppiges Einkommen hat?
Der steinige Weg durch die Instanzen: Wieviel kann Herr K. zahlen?
Der Streit um den Kindesunterhalt für die kleine J. beschäftigte zunächst das Amtsgericht Bückeburg. Dieses verurteilte Herrn K. zur Zahlung von Unterhaltsrückständen in Höhe von 13.142 € für den Zeitraum von Januar 2018 bis März 2024 und zu laufendem Unterhalt von monatlich 62 € ab April 2024. Das Gericht ging davon aus, dass Herr K. im Jahr 2023 gar nicht und 2024 nur sehr eingeschränkt leistungsfähig war. Für Sie als Leser ist es wichtig zu verstehen: Leistungsfähigkeit bedeutet im Unterhaltsrecht, ob jemand überhaupt in der Lage ist, Unterhalt zu zahlen, ohne seinen eigenen notwendigen Lebensbedarf zu gefährden. Dieser notwendige Lebensbedarf wird als Selbstbehalt bezeichnet – eine Art finanzielles Schutzschild. Dem Land als Antragsteller war das zu wenig. Es legte Beschwerde beim Oberlandesgericht (OLG) Celle ein, allerdings nur für den Unterhalt ab Juni 2023. Doch auch das OLG wies die Beschwerde zurück. Es warf einen genauen Blick auf die finanzielle Situation von Herrn K.
Die Einkommensfrage: Realistische Chancen oder unterstellte Möglichkeiten?…