Was, wenn eine Krankschreibung das fragile Vertrauen in einem Arbeitsverhältnis bis zum Zerreißen spannt? Genau das geschah bei einer Zeitarbeitsfirma, als eine Mitarbeiterin, inmitten von Team-Spannungen, eine Reihe von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen einreichte. Der Arbeitgeber zweifelte an deren Echtheit, erstattete Strafanzeige – was zu einer fristlosen Kündigung und dem sofortigen Wechsel zur Konkurrenz führte. Nun musste ein Gericht klären, wie weit der Bogen gespannt werden darf, bevor die Zusammenarbeit unzumutbar wird. Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 Sa 30/22 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
- Datum: 26.07.2022
- Aktenzeichen: 2 Sa 30/22
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine ehemalige Personaldisponentin eines Zeitarbeitsunternehmens, die u.a. die Zahlung ausstehenden Lohns und Urlaubsabgeltung forderte. Sie hatte ihr Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt und begründete dies mit ausbleibenden Zahlungen und der Unzumutbarkeit der Zusammenarbeit nach einer Strafanzeige und Vorwürfen durch die Arbeitgeberin.
- Beklagte: Ein Zeitarbeitsunternehmen, das die Klageansprüche abweisen lassen und seinerseits feststellen lassen wollte, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin später endete. Sie forderte außerdem Auskunft und Schadensersatz wegen eines vermeintlichen Wettbewerbsverstoßes der Klägerin.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Klägerin, eine Personaldisponentin, kündigte ihr Arbeitsverhältnis fristlos, nachdem die Beklagte (ihr Arbeitgeber) eine Strafanzeige gegen sie erstattet und ihre Arbeitsunfähigkeit angezweifelt hatte. Die Klägerin hatte nach der Kündigung eine Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen aufgenommen.
- Kern des Rechtsstreits: Im Kern ging es um die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung der Klägerin, ihren Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Krankheit und Urlaubsabgeltung. Die Beklagte machte im Gegenzug Ansprüche wegen eines vermeintlichen Wettbewerbsverstoßes geltend.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung der Klägerin vollständig zurück. Die Berufung der Beklagten wurde teilweise stattgegeben und diese zur Zahlung einer reduzierten Urlaubsabgeltung von 877,41 Euro brutto verurteilt.
- Begründung: Das Gericht begründete die Abweisung der Entgeltfortzahlung damit, dass der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Klägerin durch mehrere Umstände erschüttert war. Die Urlaubsabgeltung wurde reduziert, da nur ein gesetzlicher Resturlaub zur Abgeltung stand und der übergesetzliche Urlaub vertraglich ausgeschlossen war. Die Fristlose Kündigung der Klägerin wurde als wirksam bestätigt, da die Strafanzeige die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machte, wodurch die Widerklage der Beklagten wegen Wettbewerbsverstoßes unbegründet war.
- Folgen: Die Klägerin erhielt keine weitere Entgeltfortzahlung, aber eine reduzierte Urlaubsabgeltung. Das Arbeitsverhältnis endete wirksam durch ihre fristlose Kündigung am 18.10.2021. Die Beklagte konnte keine Ansprüche wegen eines Wettbewerbsverstoßes der Klägerin durchsetzen.
Der Fall vor Gericht
Krankschreibung und Kündigung: Wenn das Vertrauen zerbricht
Jeder kennt das: Manchmal knirscht es im Arbeitsverhältnis gewaltig. Vielleicht fühlt man sich ungerecht behandelt, der Lohn kommt nicht pünktlich, oder es gibt massive Vorwürfe….