Große Sanierungspläne können jede Wohnungseigentümergemeinschaft auf die Probe stellen. In München führte ein solcher Streit nun zu einem weitreichenden Urteil: Das Landgericht kippte Beschlüsse zu Planungsleistungen und deren Finanzierung, weil entscheidende Vergleichsangebote fehlten und Tiefgaragenbesitzer unrechtmäßig ausgeschlossen blieben. Sogar eine weitreichende Vereinfachung zukünftiger Abstimmungen wurde für nichtig erklärt. Der Fall zeigt, wie präzise Bau- und Finanzierungsentscheidungen in Eigentümergemeinschaften gefasst werden müssen. Zum vorliegenden Urteil Az.: 36 S 3331/23 WEG | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG München I
- Datum: 21.03.2024
- Aktenzeichen: 36 S 3331/23 WEG
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht, Zivilprozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Einzelne Wohnungseigentümerinnen, die die Gültigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümergemeinschaft anfichteten.
- Beklagte: Die Wohnungseigentümergemeinschaft, gegen die sich die Klage richtete. Im Berufungsverfahren trat die Verwalterin als Streithelferin auf.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Eine Wohnungseigentümergemeinschaft fasste mehrere Beschlüsse, die umfassende Sanierungsmaßnahmen an Fassaden und Dächern, die Beauftragung von Planungsleistungen, eine Sondervergütung des Verwalters und die Finanzierung dieser Vorhaben betrafen. Zudem wurde ein Beschluss zur Absenkung der Mehrheitserfordernisse für zukünftige Umlaufbeschlüsse gefasst. Die Klägerinnen fochten diese Beschlüsse an.
- Kern des Rechtsstreits: Zentral war die Frage der Gültigkeit dieser Beschlüsse, insbesondere ob die angenommene Nichtigkeit eines grundlegenden Sanierungsbeschlusses nachfolgende Planungs- und Finanzierungsbeschlüsse unwirksam macht und ob ein Beschluss zur Absenkung von Mehrheitserfordernissen für Umlaufbeschlüsse rechtlich zulässig gefasst wurde, wenn er sich auf eine Vielzahl von Gegenständen bezieht.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung der Streithelferin wurde zurückgewiesen. Das Gericht erklärte die Beschlüsse zur Beauftragung des Planungsbüros (TOP 3b) und zur Finanzierung der vorbereitenden Maßnahmen (TOP 3d) für ungültig. Der Beschluss zur Absenkung der Mehrheitserfordernisse für Umlaufbeschlüsse (TOP 3e) wurde für nichtig erklärt.
- Begründung: Der Beschluss zur Absenkung der Mehrheitserfordernisse für Umlaufbeschlüsse (TOP 3e) ist nichtig, da er nicht wie gesetzlich gefordert auf einen „einzelnen Gegenstand“ beschränkt war, sondern eine Vielzahl zukünftiger, nicht spezifisch umgrenzter Entscheidungen umfasste. Die Beschlüsse zur Planungsbeauftragung (TOP 3b) und deren Finanzierung (TOP 3d) widersprachen der ordnungsgemäßen Verwaltung. Dies wurde begründet mit dem unzulässigen Ausschluss der Tiefgarageneigentümer von der Beschlussfassung und Kostentragung sowie dem Fehlen von Vergleichsangeboten für den umfangreichen Planungsauftrag.
- Folgen: Die geplanten umfassenden Sanierungsmaßnahmen und deren Finanzierung können in der beschlossenen Form nicht umgesetzt werden. Die Wohnungseigentümergemeinschaft muss bei zukünftigen Beschlüssen die Beteiligung aller relevanten Miteigentümer und das Gebot der Wirtschaftlichkeit (Einholung von Vergleichsangeboten bei großen Aufträgen) beachten. Die grundlegende Rechtsfrage zur Zulässigkeit und Reichweite von Absenkungsbeschlüssen für Umlaufbeschlüsse ist nun für den Bundesgerichtshof zur Klärung zugelassen….