Eine Stationsassistentin erhielt über Monate hinweg ihr volles Gehalt, obwohl ihr Anspruch auf Entgeltfortzahlung längst erloschen war. Als der Arbeitgeber die Überzahlung zurückforderte, entspann sich ein Streit um die Frage: Muss eine Angestellte Geld zurückgeben, das sie unwissentlich erhalten und bereits für den Lebensunterhalt ausgegeben hat? Das Urteil eines Landesarbeitsgerichts wirft ein Schlaglicht auf dieses verbreitete Problem. Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 SLa 95/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
- Datum: 17.09.2024
- Aktenzeichen: 2 SLa 95/24
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Zivilrecht (insbesondere Bereicherungsrecht)
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine Arbeitnehmerin, die als Stationsassistentin beschäftigt ist und Nachzahlungen ihrer Vergütung forderte. Sie berief sich auf Entreicherung, falls eine Überzahlung festgestellt würde.
- Beklagte: Der Arbeitgeber, der eine geleistete Vergütungsüberzahlung von der Klägerin zurückforderte und sich auf die Unwirksamkeit des Entreicherungseinwandes der Klägerin berief.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Eine Stationsassistentin war lange krankgeschrieben, woraufhin ihr Arbeitgeber Entgeltfortzahlung über den gesetzlich vorgesehenen Zeitraum hinaus zahlte. Der Arbeitgeber forderte die Überzahlung später zurück und verrechnete sie mit ausstehenden Gehaltszahlungen. Die Arbeitnehmerin klagte auf die volle Auszahlung ihres Gehalts und berief sich auf Entreicherung, falls eine Rückforderung rechtmäßig wäre.
- Kern des Rechtsstreits: Der Kern des Rechtsstreits war, ob der Arbeitgeber eine an die Arbeitnehmerin gezahlte Vergütungsüberzahlung wirksam mit offenen Gehaltsansprüchen verrechnen konnte. Dies hing davon ab, ob die Arbeitnehmerin sich erfolgreich auf den Einwand der Entreicherung berufen durfte oder ob sie bösgläubig gehandelt hatte.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Landesarbeitsgericht änderte das vorherige Urteil ab und verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung von 4.012,54 € brutto (abzüglich bereits gezahlter 433,26 € netto) an die Arbeitnehmerin. Die Berufung des Arbeitgebers hatte nur in einem geringen Umfang Erfolg, und eine Revision wurde nicht zugelassen.
- Begründung: Die Aufrechnung des Arbeitgebers war unwirksam, da ihm kein aufrechenbarer Gegenanspruch zustand. Obwohl die Arbeitnehmerin eine Überzahlung erhalten hatte, konnte sie sich erfolgreich auf Entreicherung berufen, da sie das Geld gutgläubig für ihren Lebensunterhalt verbraucht hatte und ihr keine Bösgläubigkeit nachgewiesen werden konnte. Der Arbeitgeber musste die ausstehenden Gehaltszahlungen leisten, lediglich für wenige Tage der Arbeitsunfähigkeit im August wurde der Anspruch korrigiert.
- Folgen: Der Arbeitgeber muss die verurteilte Summe an die Arbeitnehmerin zahlen. Das Urteil ist rechtskräftig, da keine Revision zugelassen wurde. Der Arbeitgeber trägt die Prozesskosten.
Der Fall vor Gericht
Gehaltsüberzahlung bei Krankheit: Muss eine Angestellte zu viel gezahltes Geld zurückgeben?
Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kennen die Situation: Man wird krank, meldet sich beim Arbeitgeber und das Gehalt wird für eine gewisse Zeit weitergezahlt. Doch was passiert, wenn der Arbeitgeber versehentlich zu lange oder zu viel zahlt? Genau um einen solchen Fall ging es vor dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern….