Eine vom Chef bezahlte Fortbildung ist für viele der Weg zum Karrieresprung – bis eine Kündigung alle Pläne über den Haufen wirft. Genau dann forderte ein Arbeitgeber von seinem Ex-Mitarbeiter tausende Euro für dessen abgebrochenen Lehrgang plus freigestellte Arbeitszeit zurück. Doch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg fällte nun ein überraschendes Urteil: Der Arbeitnehmer muss nichts zahlen. Zum vorliegenden Urteil Az.: 12 Sa 805/21 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: LAG Berlin-Brandenburg
- Datum: 11.02.2022
- Aktenzeichen: 12 Sa 805/21
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, AGB-Recht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine Arbeitgeberin, die vom Arbeitnehmer die Rückzahlung von Fortbildungskosten forderte.
- Beklagte: Ein Arbeitnehmer, der sich gegen die Rückforderung der Fortbildungskosten wehrte, nachdem er das Arbeitsverhältnis gekündigt hatte.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Eine Arbeitgeberin schloss mit ihrem Arbeitnehmer einen Fortbildungsvertrag, in dem die Übernahme von Lehrgangskosten und eine Rückzahlungsklausel vereinbart wurden. Der Arbeitnehmer brach die Fortbildung ab und kündigte das Arbeitsverhältnis. Daraufhin forderte die Arbeitgeberin die Fortbildungskosten sowie Lohnkosten für die Freistellung zurück.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) enthaltene Klausel zur Rückzahlung von Fortbildungskosten wirksam ist, die bei einem Abbruch „tatsächlich entstandene Aufwendungen in voller Höhe“ vorsieht, wenn die Art und Berechnung dieser „Aufwendungen“ nicht transparent definiert sind.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage der Arbeitgeberin auf Rückzahlung der Fortbildungskosten vollständig abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
- Begründung: Die Rückzahlungsklausel im Fortbildungsvertrag ist als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam, da sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt. Der Begriff „tatsächlich entstandene Aufwendungen“ ist nicht klar und verständlich genug, weil er die einzelnen Kostenpositionen und deren Berechnungsgrundlagen nicht hinreichend präzise beschreibt. Diese Intransparenz führt zur vollständigen Unwirksamkeit der Klausel.
- Folgen: Da die verwendete Rückzahlungsklausel unwirksam ist, hat die Arbeitgeberin keinen Anspruch auf Rückzahlung der Fortbildungskosten durch den Arbeitnehmer. Die Arbeitgeberin hat den Rechtsstreit in beiden Instanzen verloren.
Der Fall vor Gericht
Wenn der Chef die Fortbildung zahlt: Ein Urteil zur Rückzahlung von Kosten
Viele Arbeitnehmer kennen das: Der Chef investiert in die Weiterbildung seiner Mitarbeiter. Das ist gut für die Karriere und das Unternehmen. Doch was passiert, wenn man das Unternehmen verlässt, bevor sich die Investition aus Sicht des Arbeitgebers „gelohnt“ hat? Muss man dann die Kosten für teure Lehrgänge zurückzahlen? Genau mit dieser Frage beschäftigte sich das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in einem Fall, der zeigt, wie wichtig klare Formulierungen in Verträgen sind.
Der Weg zum Gericht: Wie ein Fortbildungsvertrag zum Streitfall wurde
Ein Arbeitnehmer war seit November 2011 bei einer Firma beschäftigt….