Ein Patient mit einer privaten Krankenversicherung benötigte dringend ein teures Krebsmedikament, doch seine Kasse weigerte sich die Kosten zu übernehmen. Der Mann befand sich im sogenannten Notlagentarif, da er mit Beitragszahlungen im Rückstand war, und löste sein Rezept erst Wochen nach Ausstellung ein. Dies führte zu der strittigen Frage, ob in einer solchen Situation strenge Fristen für die Medikamentenbeschaffung gelten und ob die Versicherung dennoch zahlen muss. Das Landgericht Augsburg musste nun klären, welche Regeln im Notlagentarif für die Erstattung von Medikamenten greifen. Zum vorliegenden Urteil Az.: 095 O 1366/20 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Augsburg
- Datum: 10.04.2024
- Aktenzeichen: 095 O 1366/20
- Verfahrensart: Endurteil
- Rechtsbereiche: Privates Krankenversicherungsrecht, Versicherungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ein privat Krankenversicherter, der die Erstattung von Medikamentenkosten forderte und die Wirksamkeit seiner Umstellung in einen Notlagentarif sowie bestimmte Versicherungsbedingungen anzweifelte.
- Beklagte: Eine private Krankenversicherung, die die Übernahme der Medikamentenkosten ablehnte, da der Versicherte zum Zeitpunkt der Behandlung im Notlagentarif versichert war und die Medikamente nicht fristgerecht bezogen wurden.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Ein Versicherter war ab 2014 im Notlagentarif einer privaten Krankenversicherung, wogegen er sich später wehrte. Anfang 2019 wurde bei ihm eine Krebserkrankung diagnostiziert. Er erhielt ein Rezept für ein teures Medikament, bezog dieses jedoch erst sechs Wochen später aus der Apotheke. Die private Krankenversicherung lehnte die Kostenübernahme ab.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentralen Streitpunkte waren die Wirksamkeit der Umstellung des Versicherten in den Notlagentarif und die Anwendbarkeit einer 10-Tages-Frist für den Medikamentenbezug im Notlagentarif auf die Leistungspflicht der Versicherung.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht wies die Klage des Versicherten vollständig ab.
- Begründung: Die private Krankenversicherung war nicht zur Erstattung der Kosten verpflichtet, da der Versicherte die in den Notlagentarif-Bedingungen vorgesehene 10-Tages-Frist für den Medikamentenbezug überschritten hatte. Diese Bedingungen wurden entweder kraft Gesetzes Vertragsbestandteil oder mussten im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung angewendet werden. Auch die Umstellung des Klägers in den Notlagentarif war wirksam, da er sich im Beitragsrückstand befand und ordnungsgemäß gemahnt wurde.
- Folgen: Der Kläger muss die Kosten für das Medikament selbst tragen und zudem die gesamten Kosten des Rechtsstreits.
Der Fall vor Gericht
Medikamentenkosten im Notlagentarif: Wer zahlt, wenn das Rezept zu spät eingelöst wird?
Viele Menschen mit einer privaten Krankenversicherung gehen davon aus, dass die Kosten für ärztlich verordnete Medikamente übernommen werden. Doch was passiert, wenn man mit den Beitragszahlungen in Rückstand gerät und die Versicherung einen deshalb in einen sogenannten Notlagentarif (NLT) umstuft? Dieser spezielle Tarif bietet nur einen sehr grundlegenden Versicherungsschutz. Bedeutet das, dass man teure, aber notwendige Medikamente, beispielsweise zur Krebsbehandlung, plötzlich selbst bezahlen muss? Und welche Rolle spielt es, wie schnell man ein Rezept in der Apotheke einlöst?…