Ein tiefer Riss ging durch eine Familie, als nach dem Tod der Mutter ein erbitterter Streit um den Nachlass entbrannte. Im Kern ging es um die Frage, ob ein älterer, bindender Erbvertrag oder ein späteres Testament über das Erbe entscheiden sollte. Brisant dabei: Die Notarunterschrift, die den älteren Vertrag sichern sollte, fand sich lediglich auf dessen Umschlag. Das Oberlandesgericht Bremen musste nun klären, welche letztwillige Verfügung tatsächlich Bestand hat. Zum vorliegenden Urteil Az.: 1 W 4/25 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Bremen
- Verfahrensart: Beschwerdeverfahren im Erbrecht
- Rechtsbereiche: Erbrecht, Beurkundungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Ehemann der Verstorbenen, der einen Erbschein beantragte, der ihn als alleinigen und unbeschränkten Erben ausweisen sollte.
- Beklagte: Die beiden Töchter der Verstorbenen, die durch einen früheren notariellen Vertrag als Nacherben eingesetzt waren und dem Erbscheinantrag des Ehemanns entgegenstanden.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Nach dem Tod der Erblasserin beantragte ihr Ehemann einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweisen sollte, gestützt auf ein gemeinschaftliches Testament von 2021. Dies stand im Widerspruch zu einem früheren notariellen Vertrag von 2012, in dem die Eheleute sich gegenseitig als Vorerben und ihre Töchter als Nacherben eingesetzt hatten. Ein Kernproblem war zudem die formelle Wirksamkeit des Erbvertrags von 2012, da der Notar die Urkunde selbst nicht, sondern nur den Umschlag unterzeichnet hatte.
- Kern des Rechtsstreits: Im Zentrum des Rechtsstreits stand die Frage, ob ein notarieller Erbvertrag aus dem Jahr 2012, der eine gegenseitige Vorerbschaft mit Nacherbenbestimmung für die Töchter vorsah, weiterhin bindend war. Insbesondere ging es darum, ob dieser Vertrag durch ein späteres gemeinschaftliches Testament von 2021 wirksam aufgehoben wurde und ob der Erbvertrag von 2012 trotz fehlender Notarunterschrift auf der Urkunde selbst formgültig war.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Oberlandesgericht Bremen wies die Beschwerde des Ehemanns gegen die Entscheidung des Amtsgerichts als unbegründet zurück. Damit blieb es bei der ablehnenden Entscheidung des Amtsgerichts, den vom Ehemann beantragten Erbschein auszustellen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens musste der Ehemann tragen.
- Begründung: Das Gericht stellte fest, dass die Vereinbarung von 2012 ein bindender Erbvertrag war, der nicht durch das spätere Testament von 2021 aufgehoben werden konnte, da die Töchter als Nacherben Rechte erlangt hatten und nicht an der späteren Testamentserrichtung beteiligt waren. Zudem war der Erbvertrag von 2012 trotz der fehlenden Notarunterschrift auf der Urkunde formwirksam, da die Unterschrift auf dem verschlossenen Umschlag diesen Mangel heilen konnte.
- Folgen: Infolge des Urteils ist der Ehemann der Verstorbenen nicht deren alleiniger und unbeschränkter Erbe. Vielmehr bleibt die bindende Regelung aus dem Erbvertrag von 2012 gültig, wodurch er Vorerbe und die Töchter Nacherben sind.
Der Fall vor Gericht
Oberlandesgericht Bremen: Früherer Erbvertrag mit Vorerbschaft und Nacherbfolge bleibt trotz späterem Testament bindend – Notarunterschrift auf Umschlag formgültig
Ein komplexer Erbfall beschäftigte das Oberlandesgericht (OLG) Bremen….