Ein simulierter Überfall auf einer Airbase: Für eine Küchenhilfe endete das Training mit einem schweren psychischen Trauma. Sie verklagte ihren Arbeitgeber auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Nun hat ein Gericht entschieden, wie weit die Arbeitgeberhaftung bei einem solchen Arbeitsunfall reicht. Zum vorliegenden Urteil Az.: 6 Sa 263/23 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
- Verfahrensart: Berufung
- Rechtsbereiche: Sozialversicherungsrecht (SGB VII), Zivilrecht (Haftung/Vorsatz)
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine Arbeitnehmerin (Küchenhilfe/Imbisszubereiterin), die Schadensersatz und Schmerzensgeld von ihrem Arbeitgeber verlangte.
- Beklagte: Die US-Stationierungsstreitkräfte, vertreten durch die Bundesrepublik Deutschland, als Arbeitgeber, die sich auf die Haftungsprivilegierung beriefen.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Eine Arbeitnehmerin erlitt bei einer unangekündigten Diebstahlssimulation am Arbeitsplatz einen psychischen Zusammenbruch. Der Vorfall wurde von der Unfallversicherung als Arbeitsunfall anerkannt, woraufhin die Arbeitnehmerin Schadensersatz und Schmerzensgeld vom Arbeitgeber forderte.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob die gesetzliche Haftungsprivilegierung des Arbeitgebers nach dem Sozialversicherungsrecht die Klage ausschließt oder ob der Arbeitgeber den Arbeitsunfall vorsätzlich herbeigeführt hat, was die Haftungsprivilegierung entfallen ließe.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts wurde zurückgewiesen.
- Begründung: Das Gericht verneinte einen Vorsatz des Arbeitgebers bei der Herbeiführung des Arbeitsunfalls. Daher greift die Haftungsprivilegierung nach dem SGB VII, die Schadensersatzansprüche ausschließt.
- Folgen: Die Klage der Arbeitnehmerin auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gegen den Arbeitgeber wurde abgewiesen.
Der Fall vor Gericht
Die simulierte Bedrohung und ihre realen Folgen: Gericht prüft Arbeitgeberhaftung nach Schock-Training
Ein unangekündigtes Training von Einsatzkräften auf einer US-Airbase, das eine Diebstahlssimulation beinhaltete, führte für eine Küchenhilfe zu einem schweren psychischen Trauma. Die Mitarbeiterin verklagte daraufhin ihren Arbeitgeber, die US-Stationierungsstreitkräfte, auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz musste nun klären, ob der Arbeitgeber für die gesundheitlichen Folgen haftet oder ob eine spezielle gesetzliche Regelung, die sogenannte Haftungsprivilegierung, dies ausschließt.
Der Schockmoment in der Restaurantküche: Was war geschehen?
Die Klägerin, seit 2004 als Küchenhilfe bei den US-Stationierungsstreitkräften beschäftigt, befand sich am 29. März 2021 an ihrem Arbeitsplatz in der Küche eines Restaurants auf einer Airbase. Gegen 11:15 Uhr fand im angrenzenden Gastraum eine unangekündigte Übung statt – eine Diebstahlssimulation für Einsatzkräfte. Die zivilen Mitarbeiter wussten prinzipiell, dass bei solchen Trainings blaue Gewehre verwendet werden, um deren Unechtheit zu signalisieren. Der direkte Vorgesetzte der Klägerin, Manager X. W., war über die Übung informiert, hatte die Klägerin jedoch nicht in Kenntnis gesetzt. Er und die Übungsleiter gingen davon aus, dass sie von ihrem Arbeitsplatz in der Küche, der durch zwei etwa 2 Meter hohe und 1,40 Meter breite Durchreichen mit dem Gastraum verbunden war, die Simulation nicht bemerken würde….