Ein schwerer Verkehrsunfall warf die quälende Frage auf: Wer trägt die Schuld? Eine gehbehinderte Fußgängerin wurde von einem Auto erfasst und schwer verletzt. Jetzt entschied ein Gericht, wie die Haftung für diesen Zusammenstoß geteilt wird. Zum vorliegenden Urteil Az.: 14 U 1267/21 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Dresden
- Datum: 08.03.2022
- Aktenzeichen: 14 U 1267/21
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Haftungsrecht, Versicherungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Fußgängerin, die nach einem Verkehrsunfall Schmerzensgeld von der Versicherung des beteiligten Fahrzeugs fordert. Sie war 81 Jahre alt und gehbehindert und meinte, ein früheres Urteil verpflichte die Versicherung zu 80 % Haftung.
- Beklagte: Haftpflichtversicherung des am Unfall beteiligten Fahrzeugs. Sie wollte die Berufung der Klägerin zurückweisen lassen.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Eine 81-jährige, gehbehinderte Fußgängerin wurde beim Überqueren einer Straße von einem Pkw erfasst, der bei der Beklagten versichert war. Sie erlitt schwere Verletzungen.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Haftung der Versicherung der Höhe nach und darum, ob ein früheres Urteil aus einem anderen Verfahren für diesen Fall bindend (präjudiziell) ist. Zu klären waren insbesondere die jeweiligen Verursachungsbeiträge und Verschuldensgrade von Fußgängerin und Kraftfahrer.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage wurde dem Grunde nach als gerechtfertigt erklärt, jedoch unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Klägerin von 50 %. Die Berufung auf eine höhere Haftungsquote wurde zurückgewiesen. Die Sache wurde an das Landgericht zurückverwiesen, um über die genaue Höhe des Schmerzensgeldes und die Kosten zu entscheiden.
- Begründung: Das Gericht entschied, dass das frühere Urteil nicht bindend ist. Es stellte fest, dass sowohl die Klägerin (grob fahrlässig durch Nichtbeachtung des Verkehrs) als auch der Fahrer (Verstoß gegen Sichtfahrgebot) zum Unfall beitrugen. Daher wurde eine Haftungsquote von 50:50 festgelegt.
- Folgen: Das Verfahren zur Festsetzung der konkreten Schmerzensgeldhöhe muss nun vor dem Landgericht fortgesetzt werden, wobei die vom OLG festgestellte 50:50 Haftungsquote zugrunde zu legen ist.
Der Fall vor Gericht
OLG Dresden: Haftungsteilung 50:50 nach Unfall zwischen Fußgängerin und Auto – Schmerzensgeld und Mitverschulden neu bewertet
Ein schwerer Verkehrsunfall, bei dem eine ältere Fußgängerin erhebliche Verletzungen erlitt, führte zu einem Rechtsstreit über die Haftung und die Höhe des Schmerzensgeldes. Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden musste klären, inwieweit die Haftpflichtversicherung des beteiligten Fahrzeugs für den Schaden aufkommen muss und wie das Verschulden zwischen der Fußgängerin und dem Autofahrer aufzuteilen ist. Eine zentrale Frage war zudem, ob ein früheres Urteil eines Amtsgerichts eine bindende Wirkung für dieses Verfahren entfaltet.
Der Unfallhergang: Kollision einer gehbehinderten Fußgängerin mit PKW bei Dunkelheit
Der Unfall ereignete sich an einem Abend im Jahr 2015 nach Einbruch der Dunkelheit auf einer Straße in O1. Eine zum Unfallzeitpunkt 81-jährige Frau, die auf Gehhilfen angewiesen war, wollte die Fahrbahn überqueren. Nach den gerichtlichen Feststellungen hatte sie die Mitte der Straße bereits überquert, als sie von einem Pkw erfasst wurde, der sich aus ihrer Sicht von rechts näherte….