Eine Wohnung, ein Mietvertrag – aber der Vermieter steht nicht im Grundbuch. Dieser ungewöhnliche Ausgangspunkt führte zu einem juristischen Tauziehen um den Mieterschutz. Gilt der bekannte Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ auch dann, wenn eine komplexe Treuhand-Vereinbarung die Eigentumsverhältnisse verschleiert? Ein Gericht musste nun entscheiden, ob ein neuer Käufer die Mieterin trotzdem vor die Tür setzen darf. Zum vorliegenden Urteil Az.: 14 S 84/21 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Lübeck
- Datum: 10.03.2022
- Aktenzeichen: 14 S 84/21
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Mietrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der spätere Käufer und jetzige Eigentümer der Immobilie, der die Räumung der Wohnung verlangt.
- Beklagte: Die Mieterin der Wohnung, die ihr Recht zum Besitz aus einem Mietvertrag geltend macht.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Eine Mieterin hatte eine Wohnung von einer Person gemietet, die nicht Eigentümerin war, sondern die Immobilie aufgrund einer internen Vereinbarung verwaltete und das Eigentum übernehmen sollte. Die Immobilie wurde später an den Kläger verkauft. Der Kläger verlangt nun die Räumung der Wohnung von der Mieterin.
- Kern des Rechtsstreits: Die Kernfrage war, ob die mieterschützende Vorschrift „Kauf bricht nicht Miete“ auch dann analog angewendet werden kann, wenn der Vermieter zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht der rechtliche Eigentümer der Immobilie war.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht wies die Berufung des Klägers zurück. Die Mieterin muss die Wohnung nicht räumen.
- Begründung: Die Vorschrift „Kauf bricht nicht Miete“ wurde analog angewendet. Das Gericht begründete dies damit, dass der Vermieter, obwohl nicht Eigentümer, aufgrund der internen Vereinbarung wirtschaftlich wie ein Eigentümer gehandelt habe und sich daher den Folgen dieser Vorschrift stellen müsse. Vorangegangene Kündigungen durch die vormalige Eigentümerin oder den Kläger waren unwirksam.
- Folgen: Das Mietverhältnis besteht fort und ging auf den Kläger als neuen Eigentümer über. Die Mieterin behält ihr Recht, in der Wohnung zu bleiben. Das Gericht ließ eine weitere Berufung (Revision) zu, da die Rechtsfrage komplex ist.
Der Fall vor Gericht
LG Lübeck: „Kauf bricht nicht Miete“ gilt auch bei Treuhandmodell – Mieterschutz bei Vermieter ohne Eigentum (§ 566 BGB analog)
Das Landgericht Lübeck hat in einem bemerkenswerten Urteil entschieden, dass der bekannte Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ auch dann greifen kann, wenn der Vermieter zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht der rechtliche Eigentümer der Immobilie war. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Vermieter aufgrund einer internen Vereinbarung, wie einem Treuhandvertrag, handelte und faktisch die wirtschaftliche Position eines Eigentümers innehatte. Das Gericht wendete die Mieterschutzvorschrift des § 566 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in einem solchen Fall analog, also sinngemäß, an und schützte damit die Rechte der Mieterin gegenüber dem neuen Eigentümer, der auf Räumung geklagt hatte.
Ausgangslage: Mietvertrag mit Nicht-Eigentümer und späterer Immobilienverkauf durch Treuhänderin
Der Fall drehte sich um eine Wohnung, die von der Mieterin bewohnt wurde. Der neue Eigentümer der Immobilie hatte Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung erhoben….