Ein unspektakulärer Spurwechsel im Stadtverkehr, eine Notbremsung des Busses und schon stürzt eine Passagierin und verletzt sich. Was beginnt wie ein alltäglicher Vorfall, entwickelte sich zur juristischen Frage: Wer haftet bei einem Unfall im Straßenverkehr, selbst wenn dem Verursacher kein schuldhaftes Fehlverhalten nachzuweisen ist? Das Oberlandesgericht Hamm klärte, wann die sogenannte Gefährdungshaftung des vorausfahrenden Fahrzeugs für die Folgen einer solchen Kettenreaktion greift. Zum vorliegenden Urteil Az.: I-7 U 3/22 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht (OLG) Hamm
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Zivilrecht, Versicherungsrecht, Zivilprozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Verletzte Passagierin des Busses
- Beklagte: Fahrer eines Pkw und dessen Haftpflichtversicherung
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Eine Buspassagierin stürzte im Bus, als die Fahrerin eine starke Bremsung durchführte. Die Bremsung erfolgte, nachdem ein Pkw unmittelbar vor dem Bus die Spur wechselte und der Bus anschließend verkehrsbedingt bremsen musste.
- Kern des Rechtsstreits: Die Frage war, ob der Fahrer und Halter des Pkw für die Verletzungen der Buspassagierin haftet. Dabei ging es insbesondere um die Haftung ohne Verschulden (Gefährdungshaftung) und ob sich eine spezifische Gefahr des Pkw ausgewirkt hatte, auch wenn kein Fehlverhalten des Pkw-Fahrers nachweisbar war und der Bus auch wegen einer Ampel bremsen musste.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das OLG beabsichtigt, die Berufung der Klägerin abzuweisen. Damit würde das Urteil des erstinstanzlichen Gerichts, das die Klage abgewiesen hatte, bestätigt werden.
- Begründung: Es konnte kein Fehlverhalten des Pkw-Fahrers bewiesen werden. Zudem geschah der Unfall nach Ansicht des Gerichts nicht „bei Betrieb“ des Pkw im rechtlichen Sinne, da die starke Bremsung des Busses vor allem durch eine rote Ampel und nicht typisch durch die Anwesenheit oder Fahrweise des Pkw verursacht wurde.
- Folgen: Die Klage der Buspassagierin gegen den Pkw-Fahrer und dessen Haftpflichtversicherung wird endgültig abgewiesen.
Der Fall vor Gericht
Sturz im Bus nach Notbremsung: OLG Hamm verneint Haftung des vorausfahrenden Pkw trotz Spurwechsels – Kein Unfall ‚bei Betrieb‘ nach § 7 StVG
Ein alltäglicher Vorfall im Stadtverkehr führte zu einem komplexen Rechtsstreit: Eine Buspassagierin stürzte und verletzte sich, als die Busfahrerin eine Vollbremsung einleiten musste. Auslöser war nach Angaben der Passagierin ein Autofahrer, der kurz zuvor vor dem Bus in die Linksabbiegerspur gewechselt war. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm musste klären, ob der Autofahrer und seine Versicherung für die Folgen des Sturzes haften, auch wenn ihm kein konkreter Fahrfehler nachgewiesen werden konnte. Im Kern ging es um die Reichweite der sogenannten Gefährdungshaftung nach § 7 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), die eine Haftung auch ohne Verschulden vorsieht, allein aufgrund der Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeugs.
Buspassagierin stürzt nach Notbremsung: Wer haftet für die Verletzungen?
Die Ausgangssituation war unstrittig: Die Frau war Fahrgast in einem Linienbus. Während der Fahrt kam es zu einer außergewöhnlich starken Bremsung durch die Busfahrerin, infolgedessen die Passagierin im Fahrzeug stürzte und Verletzungen erlitt….