900.000 Euro in bar und Aktien – verschwunden? Eine demente Mutter, eine Vorsorgevollmacht und ein Sohn, der plötzlich im Visier des Gerichts steht. Was klingt wie ein Wirtschaftskrimi, ist bittere Realität und zeigt: Selbst eine Vorsorgevollmacht ist kein Freibrief, wenn Millionen-Geschenke unter Verdacht geraten.
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Gerichte können eine besondere Überwachung einsetzen, auch wenn jemand eine Vorsorgevollmacht erteilt hat, wenn Anzeichen für Missbrauch oder Interessenkonflikte vorliegen.
- Betroffen sind vor allem ältere Menschen mit Vorsorgevollmacht und deren Bevollmächtigte, gerade wenn hohe Vermögenswerte involviert sind oder Zweifel an der Geschäftsfähigkeit bestehen.
- Praktisch heißt das: Wenn der Verdacht besteht, dass der Bevollmächtigte seine Macht zum Nachteil des Vollmachtgebers nutzt, kann das Gericht einen „Kontrollbetreuer“ einsetzen, der den Bevollmächtigten überprüft.
- Der Fall zeigte, dass eine frühere Entscheidung gegen Kontrolle nicht endgültig ist; neue Verdachtsmomente können eine erneute Überprüfung rechtfertigen.
- Für Bevollmächtigte bedeutet das mehr Verantwortung, transparente Buchführung und Vorsicht bei größeren Geldgeschäften. Für Angehörige heißt es: konkrete Anhaltspunkte können eine gerichtliche Kontrolle anstoßen.
- Die Kontrollbetreuung soll den Schutz des Vollmachtgebers sicherstellen, vor allem wenn dieser selbst nicht mehr seine Rechte wahrnehmen kann.
- Eine solche Überwachung wird nur so lange aufrechterhalten, wie tatsächlich Gefahr für den Vollmachtgeber besteht.
Quelle: Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 26. März 2025 (Az. XII ZB 178/24)
Millionen-Geschenk unter Verdacht: Wenn das Gericht trotz Vorsorgevollmacht eingreift
Stellen Sie sich vor, Ihre Mutter hat Ihnen vor Jahren eine Vorsorgevollmacht erteilt. Sie vertraut Ihnen vollkommen, falls sie einmal selbst nicht mehr entscheiden kann. Und dann das: Ein Gericht bestellt plötzlich einen Kontrollbetreuer, der Ihnen auf die Finger schauen soll. Ein Albtraum für viele Bevollmächtigte – und doch manchmal bittere Notwendigkeit zum Schutz des Vollmachtgebers. Genau um diesen heiklen Balanceakt ging es in einem aufsehenerregenden Fall vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Im Kern stand die Frage: Darf ein Gericht eine Kontrollbetreuung anordnen, selbst wenn eine frühere Überprüfung ergeben hatte, dass alles in Ordnung sei? Und reicht schon der Verdacht auf massive finanzielle Ungereimtheiten aus, um die mühsam aufgebaute private Vorsorge durch gerichtliche Kontrolle zu ergänzen? Der BGH hat mit seinem Beschluss vom 26. März 2025 (Az. XII ZB 178/24) hierzu klare Worte gefunden – mit weitreichenden Folgen für alle, die eine Vorsorgevollmacht erteilt haben oder als Bevollmächtigte handeln. Dieser Artikel beleuchtet das Urteil, erklärt die juristischen Fallstricke und gibt praktische Tipps für Betroffene.
Der Fall: ein Streit unter Brüdern um das Erbe der Mutter?
Im Mittelpunkt des Falles stand eine 90-jährige Dame, nennen wir sie Frau S. Sie litt an fortgeschrittener Demenz und lebte im Pflegeheim. Schon 2004 hatte sie vorausschauend gehandelt und ihren beiden Söhnen eine umfassende notarielle General- und Vorsorgevollmacht ausgestellt. Damit sollten die Söhne ihre Angelegenheiten regeln können, falls sie es selbst nicht mehr kann. Doch das Vertrauen zerbrach. Im Januar 2015 widerrief Frau S. die Vollmacht gegenüber einem ihrer Söhne, nennen wir ihn Sohn A….