Vorsorgevollmacht – ein beruhigendes Gefühl von Selbstbestimmung, bis das Schreckensszenario eintritt: Plötzlich steht die Gültigkeit des vermeintlich sicheren Dokuments in Frage. War der Vollmachtgeber wirklich geschäftsfähig? Und droht nun unerwartet die gerichtliche Betreuung, obwohl doch alles geregelt schien?
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Eine Vorsorgevollmacht ist nur wirksam, wenn die Person zum Zeitpunkt der Unterschrift geistig klar war und verstanden hat, was sie tut.
- Bei Zweifeln daran muss das Gericht genau prüfen, ob die Person damals noch entscheiden konnte; vage Vermutungen reichen nicht aus.
- Wenn das Gericht sicher feststellt, dass die Person nicht mehr geschäftsfähig war, kann trotz Vollmacht ein Betreuer eingesetzt werden.
- Betroffene sollten ihre Vollmacht früh erstellen, am besten mit einem ärztlichen Attest oder notarieller Beglaubigung, um spätere Zweifel zu vermeiden.
- Gerichte müssen von sich aus die Fakten prüfen und dürfen nicht einfach sagen: „Vollmacht da, keine Betreuung nötig“, wenn Unsicherheiten bestehen.
- Auch wenn eine Betreuung nötig wird, zählt der Wunsch der betroffenen Person bei der Auswahl des Betreuers.
- Für alle, die lieber selbst entscheiden möchten als durch Gericht betreut zu werden, ist eine klare und gut dokumentierte Vorsorgevollmacht besonders wichtig.
Quelle: Bundesgerichtshof (BGH) Az.: XII ZB 289/24 vom 9. Oktober 2024
Vorsorgevollmacht auf dem Prüfstand: Wann das Gericht trotz Vollmacht einen Betreuer bestellt
Stellen Sie sich vor: Ihre Mutter, nennen wir sie Frau S., hat vor einigen Jahren eine Vorsorgevollmacht erstellt. Sie hat darin ihren Sohn als Bevollmächtigten eingesetzt, für den Fall, dass sie selbst einmal nicht mehr entscheiden kann. Alle dachten, damit sei alles geregelt. Doch nun, nach einem Schlaganfall, gibt es Zweifel. Hat Frau S. die Tragweite der Vollmacht damals wirklich noch verstanden? War sie vielleicht schon geschäftsunfähig? Plötzlich steht die Frage im Raum: Gilt die Vollmacht überhaupt? Und muss trotz des Dokuments ein gerichtlicher Betreuer bestellt werden? Dieses Szenario ist keine Seltenheit. Immer mehr Menschen sorgen mit einer Vorsorgevollmacht vor, um im Fall der Fälle die eigenen Angelegenheiten in vertraute Hände zu legen und eine gerichtliche Betreuung zu vermeiden. Doch was passiert, wenn Zweifel an der Wirksamkeit dieser Vollmacht aufkommen? Genau mit dieser heiklen Frage musste sich der Bundesgerichtshof (BGH), Deutschlands höchstes Zivilgericht, in einer aktuellen Entscheidung (Beschluss vom 9. Oktober 2024, Az. XII ZB 289/24) auseinandersetzen. Das Urteil hat weitreichende Folgen für Betroffene, Bevollmächtigte und die Gerichte selbst. Es schärft den Blick dafür, wann eine Vorsorgevollmacht wirklich trägt – und wann eben nicht.
Das Herzstück der Vorsorge: Die Geschäftsfähigkeit
Eine Vorsorgevollmacht ist ein mächtiges Instrument. Sie erlaubt es einer Person (dem Bevollmächtigten), im Namen einer anderen Person (des Vollmachtgebers) zu handeln, wenn diese dazu selbst nicht mehr in der Lage ist – sei es durch Unfall, Krankheit oder altersbedingte Einschränkungen. Der große Vorteil: Die persönlichen Wünsche des Vollmachtgebers können berücksichtigt werden, und das oft langwierige und als bürokratisch empfundene Verfahren zur Bestellung eines gerichtlichen Betreuers wird vermieden….