Ein Rettungswagen im Einsatz kollidiert mit einem Auto, dessen Fahrerin trotz Blaulicht und Martinshorn in die Kreuzung einfährt und abrupt bremst. Obwohl der Rettungswagenfahrer zu dicht auffuhr, trägt die Autofahrerin die Hauptverantwortung für den Unfall und muss 70 Prozent des Schadens tragen, wie das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein bestätigt. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die komplexe Haftungsfrage bei Unfällen mit Einsatzfahrzeugen. Zum vorliegenden Urteil Az.: 7 U 66/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein
- Datum: 18.11.2024
- Aktenzeichen: 7 U 66/24
- Verfahrensart: Berufung im zivilrechtlichen Schadensersatzverfahren
- Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Zivilrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Betreiberin des Rettungswagens. Sie vertritt die Auffassung, die Beklagten seien zu 100 % schadenersatzpflichtig, da die Fahrerin des PKWs den Rettungswagen falsch behandelt habe und der Fahrer des Rettungswagens den Unfall nicht hätte vermeiden können.
- Beklagte:
- Fahrerin des PKWs: Sie und ihre Versicherung argumentieren, dass der Rettungswagen unangemessen schnell in die Kreuzung eingefahren sei und sie den Rettungswagen nicht hätte sehen müssen. Sie plädieren auf eine Mithaftung der Klägerin.
- Haftpflichtversicherung des PKWs: Trägt die Zivil- und Kostentragungspflichten für das Fahrzeug der Fahrerin des PKWs.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Es ging um einen Verkehrsunfall an einer Kreuzung, bei dem ein Rettungswagen mit Blaulicht und Einsatzhorn in eine Kreuzung einfuhr und es zu einem Unfall mit einem PKW kam, der bei grüner Ampel abbog. Der PKW verzögerte, setzte den Abbiegevorgang aber fort. Der Rettungswagen fuhr von hinten auf, da der PKW erneut abrupt bremste.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, wie die Haftungsanteile zwischen dem Rettungswagen und dem PKW verteilt werden sollten, da der PKW die Annäherung des Rettungswagens nicht beachtet hat, während der Rettungswagen möglicherweise zu schnell war.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen. Die Beklagten haften zu 70 %, während die Klägerin zu 30 % mithaftet.
- Begründung: Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen hat, indem sie den Rettungswagen nicht beachtet hat. Der Rettungswagenfahrer trug jedoch auch einen Mitverschuldensanteil, da er seine Geschwindigkeit nicht entsprechend der Situation angepasst hatte.
- Folgen: Die Klägerin muss einen Teil des Schadens selbst tragen, der von der Beklagten gezahlte Schadensersatz wird nicht komplett erhöht. Beide Parteien tragen teilweise die Kosten des Verfahrens. Der Beschluss verdeutlicht die Bedeutung der besonderen Vorsichtspflichten im Verkehr bei Einsatzfahrten.
Kollision zwischen Rettungswagen und Pkw: Rechte, Pflichten und Haftung im Fokus
Verkehrsunfälle mit Rettungsfahrzeugen stellen eine besondere Herausforderung für die Verkehrssicherheit dar. Notarzt- und Rettungswagen müssen während eines Einsatzes oft mit Sonderrechten durch den Straßenverkehr navigieren, was das Unfallrisiko erhöht. Die Kollision zwischen einem Rettungswagen im Notfalleinsatz und einem abbiegenden Pkw verdeutlicht die komplexen rechtlichen und verkehrstechnischen Fragestellungen, die bei solchen Unfällen entstehen können….