Ein Vater muss zahlen, obwohl sein Kind bei den Großeltern lebt! Das Amtsgericht Marl entschied, dass die Betreuung durch die Mutter weiterhin gegeben ist, da sie sich intensiv um ihr Kind kümmert – und verurteilte den Vater zu höheren Unterhaltszahlungen. Obwohl das Kind nicht im Haushalt der Mutter lebt, bleibt diese von der Barunterhaltspflicht befreit. Zum vorliegenden Urteil Az.: 36 F 180/21 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Marl
- Datum: 27.07.2022
- Aktenzeichen: 36 F 180/21
- Verfahrensart: Unterhaltsverfahren
- Rechtsbereiche: Familienrecht, Unterhaltsrecht
Beteiligte Parteien:
- Antragsteller: Das Kind, vertreten durch die Kindesmutter. Der Antragsteller fordert eine Erhöhung des Kindesunterhalts, da sich das Einkommen des Antragsgegners erhöht hat. Die Kindesmutter betreut das Kind trotz Wohnens bei den Großeltern intensiv und ist somit von der Barunterhaltspflicht befreit.
- Antragsgegner: Vater des Antragstellers. Er ist der Meinung, der Unterhalt solle gesenkt werden, da das Kind bei den Großeltern lebt und die Kindesmutter ebenfalls barunterhaltspflichtig sei. Er behauptet, es gäbe eine mündliche Vereinbarung zur Herabsetzung des Unterhalts.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Antragsteller, ein Kind, lebt bei den Großeltern, und die Kindesmutter betreut ihn dort regelmäßig. Der Antragsgegner zahlte bisherigen Unterhalt gemäß einem Vergleich aus dem Jahr 2018. Der Antragsteller beansprucht nun eine Erhöhung des Unterhalts, da das Einkommen des Antragsgegners gestiegen ist.
- Kern des Rechtsstreits: Kernfrage ist, ob und in welcher Höhe der Antragsgegner Kindesunterhalt zahlen muss, obwohl das Kind bei den Großeltern lebt und ob die Kindesmutter unterhaltspflichtig ist.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Antragsgegner ist verpflichtet, den erhöhten Kindesunterhalt gemäß der Einkommensgruppe drei und zweiten Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle zu zahlen.
- Begründung: Die Kindesmutter sorgt trotz räumlicher Trennung in ausreichendem Maße für das Kind und ist daher von der Barunterhaltspflicht befreit. Eine Wohngemeinschaft mit dem Kind ist dafür nicht erforderlich. Der Vortrag über eine mündliche Vereinbarung zu einer Unterhaltsreduzierung wurde nicht als ausreichend verbindlich anerkannt.
- Folgen: Der Antragsgegner muss den erhöhten Kindesunterhalt leisten. Die Kindesmutter bleibt aufgrund ihrer Betreuung von der Barunterhaltspflicht befreit. Der Antragsgegner trägt die Verfahrenskosten.
Kindeswohl im Fokus: Rechtsstreit um Unterhalt und Großelternschaft
Die familiären Beziehungen und Verantwortlichkeiten gehören zu den komplexesten Rechtsbereichen in Deutschland. Besonders wenn es um das Kindeswohl und die Betreuung von Minderjährigen geht, können rechtliche Fragen schnell vielschichtig werden. Bei Pflegeverhältnissen innerhalb der Familie spielen nicht nur emotionale, sondern auch rechtliche Aspekte wie Sorgerecht, Umgangsrecht und Unterhalt eine entscheidende Rolle. Großeltern übernehmen in unserer Gesellschaft zunehmend wichtige Aufgaben in der Kinderbetreuung und können in manchen Fällen sogar eine zentrale Rolle im Familiengefüge einnehmen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für solche Konstellationen sind komplex und berücksichtigen immer die individuellen Lebensumstände des Kindes sowie die sozialrechtlichen Ansprüche und familiären Bindungen….