In einem richtungsweisenden Urteil hat das Amtsgericht Bernkastel-Kues entschieden, dass Autofahrer umfassenden Zugang zu den digitalen Daten ihrer Geschwindigkeitsmessung erhalten müssen. Damit stärkt das Gericht die Rechte von Betroffenen, die die Genauigkeit ihrer Messung überprüfen wollen. Die Entscheidung könnte weitreichende Folgen für die Praxis der Geschwindigkeitsüberwachung in Deutschland haben. Zum vorliegenden Urteil Az.: 8 OWi 21/17 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Bernkastel-Kues
- Datum: 03.03.2017
- Aktenzeichen: 8 OWi 21/17
- Verfahrensart: Bußgeldverfahren wegen Ordnungswidrigkeit
- Rechtsbereiche: Ordnungswidrigkeitenrecht
Beteiligte Parteien:
- Betroffene Partei: Die Person, gegen die das Bußgeldverfahren geführt wird, beantragte die Herausgabe der digitalen Falldatensätze inklusive unverschlüsselter Rohmessdaten und der gesamten Messserie, um mögliche Messfehler aufzuzeigen.
- Bußgeldstelle: Verpflichtet, die angeforderten Daten zur Verteidigung der betroffenen Partei zur Verfügung zu stellen, lehnte die Herausgabe von Wartungs-, Instandsetzungs- und Eichnachweisen des Messgeräts ab.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Im Bußgeldverfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit beantragte die betroffene Partei die Herausgabe bestimmter digitaler Falldatensätze, um die Messung auf Richtigkeit überprüfen zu können. Die Bußgeldstelle weigerte sich teilweise, dieser Bitte nachzukommen.
- Kern des Rechtsstreits: Die Frage, ob die Bußgeldstelle verpflichtet ist, der betroffenen Person die vollständigen Messdaten und die Statistikdatei der Geschwindigkeitsmessung zur Verfügung zu stellen, um die Richtigkeit der Messung zu überprüfen.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Amtsgericht verpflichtete die Bußgeldstelle, die digitalen Falldatensätze inklusive der unverschlüsselten Einzelmessungen und der Statistikdatei herauszugeben. Die übrigen Anträge wurden abgelehnt.
- Begründung: Die Einsichtnahme in die vollständige Messreihe kann notwendig sein, um konkrete Messfehler aufzuzeigen. Der Persönlichkeitsschutz anderer Verkehrsteilnehmer steht dem nicht entgegen, da die Erhebung von Daten im Zusammenhang mit Geschwindigkeitsmessungen nicht den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung betrifft.
- Folgen: Die Bußgeldstelle muss dem Antrag teilweise nachkommen. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen werden zwischen der betroffenen Partei und der Staatskasse hälftig geteilt. Das Urteil ist unanfechtbar.
Rechte im Bußgeldverfahren: Wie Betroffene gegen Geschwindigkeitsmessungen vorgehen können
In Bußgeldverfahren, insbesondere im Bereich des Verkehrsrechts, gibt es häufig Unsicherheiten darüber, welche Rechte Betroffene im Zusammenhang mit einer Geschwindigkeitsmessung haben. Bei einem Verkehrsverstoß, wie etwa bei einer Radarfalle, stellt sich oft die Frage, ob der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid Aussicht auf Erfolg hat. Wesentlich ist hier die Beweisführung, bei der die Messdaten eine zentrale Rolle spielen. Betroffene haben unter bestimmten Umständen das Recht auf Akteneinsicht, was die Herausgabe der gesamten Messserie und der dazugehörigen Statistikdatei umfassen kann. Die Verteidigung im Bußgeldverfahren stützt sich häufig auf die Überprüfung der Messgeräte-Statistik und der erhobenen Messdaten….