Ein Arbeitnehmer klagte erfolgreich gegen sein Arbeitszeugnis, weil es „völlig inakzeptabel“ war und ihm Geheimnisverrat unterstellte. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zwang den Arbeitgeber zu umfangreichen Korrekturen, darunter die Entfernung der unzulässigen Vorwürfe und eine Anpassung der Leistungsbewertung. Der Arbeitgeber hatte sich auf Verjährung berufen, doch das Gericht stellte klar, dass er angesichts seines „bösartigen“ Verhaltens nicht auf den Verzicht des Arbeitnehmers vertrauen konnte. Zum vorliegenden Urteil Az.: 4 Sa 54/22 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
- Datum: 31.05.2023
- Aktenzeichen: 4 Sa 54/22
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ehemaliger Mitarbeiter eines Unternehmens, der die Berichtigung seines Arbeitszeugnisses verlangt. Argumentiert, dass das Zeugnis ungerecht und schädigend sei und Berichtigungen sowie eine positive Leistungs- und Verhaltensbeurteilung erfordere.
- Beklagte: Unternehmen und ehemaliger Arbeitgeber des Klägers. Verteidigt das ausgestellte Zeugnis und erhebt den Einwand der Verwirkung aufgrund der zeitlichen Verzögerung der Klageerhebung durch den Kläger.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Kläger, ehemals als Vertriebsingenieur und danach im Produktmarketing tätig, beanstandete das von seinem ehemaligen Arbeitgeber ausgestellte Zeugnis, insbesondere in Bezug auf das Beendigungsdatum und negative Aussagen zu seiner beruflichen Leistung und Verhaltensweisen. Der Kläger hatte zuvor erfolgreiche Kündigungsschutzverfahren gewonnen und suchte nun die Ausstellung eines wohlwollenden Zeugnisses mit korrekter Darstellung seiner Leistungen.
- Kern des Rechtsstreits: Ob der Anspruch des Klägers auf ein angemessenes Zeugnis verwirkt ist und ob ihm eine durchschnittliche oder überdurchschnittliche Beurteilung zusteht.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Berufungsricht des Klägers wird teilweise stattgegeben. Das Zeugnis ist zu berichtigen, doch der Kläger hat lediglich Anspruch auf eine durchschnittliche Beurteilung.
- Begründung: Es liegt keine Verwirkung des Anspruchs vor, da das Verhalten des Klägers, insbesondere seine früheren deutlichen Beanstandungen, der Beklagten kein schutzwürdiges Vertrauen auf einen Verzicht des Klägers auf Zeugnisberichtigungsansprüche bieten. Der Kläger trägt nicht genügend Tatsachenvortrag für eine überdurchschnittliche Beurteilung vor.
- Folgen: Das Zeugnis muss in den relevanten Punkten, insbesondere betreffend das Beendigungsdatum und die Leistungsbeurteilung, angepasst werden. Der Kläger bekommt ein Zeugnis, das seinen Ansprüchen entspricht, jedoch nur mit durchschnittlicher Beurteilung. Die Revision wird nicht zugelassen; die Parteien tragen die Kosten des Rechtsstreits jeweils zur Hälfte.
Ansprüche auf Zeugnisberichtigung: Fristen und juristische Konsequenzen
Das Zeugnisrecht spielt eine bedeutende Rolle im Berufs- und Bildungsleben, da es sowohl im Schulzeugnis als auch im Arbeitszeugnis entscheidende Informationen über die Leistungen und Qualifikationen einer Person dokumentiert. Ein Anspruch auf Zeugnisänderung ist häufig notwendig, wenn der Zeugnisinhalt als fehlerhaft oder zumindest unzureichend empfunden wird. In solchen Fällen kann eine Zeugnisberichtigung angestrebt werden, die eine klare Leistungsbeurteilung ermöglicht und rechtlich durchsetzbar ist….