Ein Notar in Münster sorgte für Aufsehen, als er seine Rechnung für die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses nachträglich deutlich erhöhte, weil er die Schulden des Verstorbenen in die Berechnung einbezog. Das Landgericht Münster gab ihm Recht und stellte klar, dass bei der Gebührenberechnung für Nachlassverzeichnisse nicht nur das Vermögen, sondern auch die Verbindlichkeiten des Erblassers zu berücksichtigen sind. Diese Entscheidung könnte weitreichende Folgen für die Kostenkalkulation von Nachlassabwicklungen haben. Zum vorliegenden Urteil Az.: 5 OH 5/20 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Münster
- Datum: 29.06.2020
- Aktenzeichen: 5 OH 5/20
- Verfahrensart: Kostenprüfungsverfahren zur Ermittlung des Geschäftswerts für die Gebührenforderung des Notars
- Rechtsbereiche: Notarkostenrecht, Erbrecht
Beteiligte Parteien:
- Notar: Führte das Nachlassverzeichnis auf Antrag der Alleinerbin und setzte dabei den Geschäftswert inklusive der Nachlassverbindlichkeiten an. Er argumentierte, dass sowohl Aktiva als auch Passiva bei der Geschäftsberechnung nach § 115 GNotKG berücksichtigt werden sollten.
- Alleinerbin: Kostenschuldnerin, die die Auffassung vertritt, dass Verbindlichkeiten bei der Ermittlung des Geschäftswerts außen vor bleiben sollten und deshalb den Ansatz des Notarwerts anfechtet.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Notar hat auf Antrag der Alleinerbin ein Nachlassverzeichnis für deren verstorbene Mutter erstellt. Dabei hat er einen Geschäftswert angesetzt, der Aktiva, den fiktiven Nachlass und die Passiva umfasst. Die Kostenschuldnerin ist mit der Berücksichtigung der Passiva nicht einverstanden.
- Kern des Rechtsstreits: Der Streit dreht sich darum, ob beim Geschäftswert für die Notarkosten die aufgenommenen Verbindlichkeiten des Nachlasses berücksichtigen werden dürfen.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Geschäftswert für das Nachlassverzeichnis soll die aufgenommenen Verbindlichkeiten umfassen, das Gericht stimmt der Berechnung des Notars zu.
- Begründung: Nach § 115 GNotKG ist der Geschäftswert durch alle verzeichneten Vermögensgegenstände bestimmt, unabhängig davon, ob es sich um positive oder negative Werte handelt. Damit umfasst der Geschäftswert neben den Aktiva und dem fiktiven Nachlass auch die Passiva.
- Folgen: Der Notar darf die Verbindlichkeiten bei der Gebührenberechnung einbeziehen. Für das Kostenprüfungsverfahren entstehen keine zusätzlichen Gerichtskosten, und die Alltagsauslagen werden nicht erstattet. Die Entscheidung klärt die Auslegung von § 115 GNotKG und setzt damit einen Präzedenzfall für die Berechnung von Geschäftswerten in ähnlichen Fällen.
Herausforderungen bei der Nachlassregelung: Ein praxisnaher Fallbericht
Die Regelung eines Nachlasses kann oft komplex und emotional belastend sein. Nach dem Tod eines Angehörigen stehen die Erben vor der Aufgabe, sich nicht nur um die straßeneinführende Bestattungskosten zu kümmern, sondern auch um mögliche Nachlassverbindlichkeiten, wie die Schulden des Verstorbenen. Ein Vermögensverzeichnis ist hierbei unerlässlich, um eine klare Übersicht über die Aktiva und Passiva des Nachlasses zu erhalten. Die korrekte Erfassung aller Vermögenswerte und Verbindlichkeiten ist entscheidend für die Erbschaftsteuer und kann Einfluss auf die Erbenhaftung haben….