Ein Stuttgarter Gericht sorgte für eine saftige Reduzierung der Notarkosten bei einem Nachlassverzeichnis. Der Streitpunkt: Müssen bei der Berechnung der Gebühren auch die Schulden des Verstorbenen berücksichtigt werden? Das Gericht entschied zugunsten der Erben und kürzte die Rechnung des Notars um fast 6.000 Euro. Zum vorliegenden Urteil Az.: 19 OH 22/23 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Stuttgart
- Datum: 29.10.2024
- Aktenzeichen: 19 OH 22/23
- Verfahrensart: Kostenprüfungsverfahren
- Rechtsbereiche: Notarkostenrecht, Familienrecht
Beteiligte Parteien:
- Antragstellerin (Kostenschuldnerin): Beauftragte den Notar mit der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses und stellte die Berechnung des Geschäftswerts sowie die darauf basierenden Kosten in Frage. Sie argumentiert, dass der Geschäftswert nur die Aktiva umfassen sollte.
- Antragsgegner (Notar): Erstellte das Nachlassverzeichnis und berechnete die Kosten unter Berücksichtigung eines Geschäftswerts, der auch Verbindlichkeiten enthält. Der Antragsgegner besteht darauf, dass für die Berechnung alle verzeichneten Vermögensgegenstände einschließlich der Verbindlichkeiten berücksichtigt werden sollten.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Antragstellerin beauftragte den Notar mit der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses. Es bestand Uneinigkeit darüber, ob Verbindlichkeiten in den Geschäftswert einbezogen werden sollten, was die Kostenrechnung des Notars beeinflusste.
- Kern des Rechtsstreits: Ob bei der Bestimmung des Geschäftswerts zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses Verbindlichkeiten hinzugefügt werden sollten, wodurch sich die Notarkosten erhöhen würden.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Kostenberechnung des Notars wurde teilweise abgeändert. Der Geschäftswert wurde auf 2.188.106,10 € festgelegt, ohne Hinzurechnung der Verbindlichkeiten.
- Begründung: Das Gericht schloss sich der Ansicht an, dass Verbindlichkeiten nicht zum Geschäftswert zu addieren sind, da sie nicht als „Gegenstände“ im Sinne des Gesetzes gelten. Der Gesetzestext und die Gesetzgebungsgeschichte unterstützen diese Auslegung.
- Folgen: Die Antragstellerin erhält eine Neufestlegung der Notarkosten auf Basis des korrigierten Geschäftswerts. Damit sind die Kosten niedriger als ursprünglich berechnet. Gerichtskosten fallen nicht an, und außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Geschäftswertbemessung im Nachlassverfahren: Ein aktuelles Gerichtsurteil analysiert
Die Geschäftswertbemessung ist ein zentraler Aspekt im Nachlassverfahren und erfolgt gemäß § 115 GNotKG. Bei der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses müssen alle Vermögenswerte, einschließlich Immobilien und Unternehmensanteilen, sorgfältig erfasst und bewertet werden. Diese Vermögensermittlung hat nicht nur Einfluss auf die Höhe der Notarkosten, sondern auch auf die Erbschaftsteuer, die die Erben bezahlen müssen. Eine präzise Immobilienbewertung sowie die Aufstellung des Nachlassverzeichnisses sind daher unerlässlich, insbesondere bei testamentarischen Regelungen oder in Erbengemeinschaften. Die rechtlichen Rahmenbedingungen wie Bewertungsverfahren und Bewertungsgrundlagen spielen eine entscheidende Rolle in diesem Zusammenhang. Ein aktuelles Gerichtsurteil beleuchtet diese komplexen Zusammenhänge und die Herausforderungen, die bei der Geschäftswertbemessung auftreten können….