Ein Hamburger Rechtsanwalt wollte für die Auszahlung von Pflegekassenleistungen einen Erbschein – und zwar kostenlos. Doch das Oberlandesgericht Hamburg entschied: Wenn der Erbschein auch für andere Zwecke genutzt werden soll, muss er die vollen Gebühren zahlen. Der Anwalt hatte den Erbschein auch für die Grundbuchberichtigung eines geerbten Grundstücks benötigt. Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 W 53/23 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
- Datum: 18.12.2023
- Aktenzeichen: 2 W 53/23
- Verfahrensart: Beschwerdeverfahren im Erbscheinsverfahren bezüglich der Gebührenfreiheit
- Rechtsbereiche: Erbrecht, Sozialrecht
Beteiligte Parteien:
- Beschwerdeführer: Ein Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht, der die Erteilung eines Erbscheins für sich und den weiteren Beteiligten als Miterben beantragt hat. Sein Hauptargument war, dass der Erbschein zur Erstattung einer Sozialleistung (rückwirkende Pflegeleistungen) benötigt werde und daher kostenfrei sein sollte.
- Pflegekasse: Fordert die Vorlage eines Erbscheins zur Überweisung eines Nachzahlungsbetrags der Pflegeleistungen und weist darauf hin, dass der Erbschein kostenfrei erlangt werden könne, wenn er für die Erstattung einer Sozialleistung benötigt wird.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Beschwerdeführer beantragte die Erteilung eines Erbscheins für sich und seinen Bruder als Miterben der verstorbenen Mutter, um die Berichtigung des Grundbuchs und die Erstattung eines von der Pflegekasse geforderten Nachzahlungsbetrags zu ermöglichen. Der Antrag wurde vom Amtsgericht Hamburg bearbeitet, das feststellte, dass die zur Begründung notwendigen Tatsachen vorlagen. Die Justizkasse stellte dem Beschwerdeführer Gebühren in Rechnung, die sich aus dem Wert des Nachlasses ergaben. Der Beschwerdeführer legte Einspruch gegen diese Kosten ein und argumentierte, dass der Erbschein zur Erstattung einer Sozialleistung benötigt werde und deshalb kostenfrei sein sollte.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob die Gebührenfreiheit nach § 64 SGB X auch dann gilt, wenn der Erbschein neben der Erstattung von Sozialleistungen weiteren Zwecken, wie der Grundbuchberichtigung, dient.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Beschwerde wurde zurückgewiesen.
- Begründung: Das Gericht entschied, dass die Kostenfreiheit nach § 64 SGB X nur dann greift, wenn der Erbschein ausschließlich für die Erbringung oder Erstattung einer Sozialleistung nötig ist. Da der Erbschein auch für die Grundbuchberichtigung genutzt wurde, war die Gebührenfreiheit ausgeschlossen. Der Zweck des Gesetzes sei es, finanzielle Hindernisse bei der Beantragung von Sozialleistungen zu vermeiden, was nicht gegeben ist, wenn der Erbschein auch für andere Zwecke erforderlich ist.
- Folgen: Der Beschwerdeführer muss die festgesetzten Kosten tragen. Diese Entscheidung verdeutlicht, dass für die Kostenfreiheit nach § 64 SGB X ein ausschließlicher Bezug zur Sozialleistungserbringung notwendig ist. Weitere Rechtsmittel wurden nicht zugelassen, das Urteil ist somit endgültig.
Gebührenbefreiung für den Erbschein: Voraussetzungen und Herausforderungen im Erbrecht
Der Erbschein ist ein wichtiges Dokument im Erbrecht, das den Anspruch auf einen Nachlass belegt. Um ihn zu erhalten, müssen Antragsteller bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Dazu zählen unter anderem die Nachweisführung über das Erbe sowie die Identifizierung der Erben….