Erbe oder Pflichtteil? Bundesgerichtshof stärkt Rechte von Erben bei Berliner Testamenten und sorgt für unerwartete Wendungen im Erbstreit. Überraschende Entscheidung: Sohn fordert nach Annahme des Erbes zusätzlich Pflichtteil und bringt festgefahrene Rechtsauffassung ins Wanken. Zum vorliegenden Urteil Az.: IV ZR 298/03 | | Hilfe anfordern
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Der Kläger forderte Schadensersatz wegen anwaltlicher Pflichtverletzung.
- Die Eltern des Klägers errichteten ein Berliner Testament, das eine Pflichtteilsklausel enthielt.
- Der Kläger und sein Bruder wurden zu gleichen Teilen als Schlusserben eingesetzt, der Bruder sollte jedoch das Elternhaus als Vorausvermächtnis erhalten.
- Nach dem Tod der Eltern fühlte sich der Kläger wirtschaftlich benachteiligt und erhielt den Rat, die Erbschaftsannahme anzufechten, was erfolglos blieb.
- Das Gericht entschied, dass der Kläger trotz Annahme der Erbschaft den Pflichtteil nach dem Vater geltend machen konnte.
- Die Annahme der Erbschaft hinderte nicht den Eintritt der Pflichtteilsklausel, welche seine Schlusserbenstellung beeinflussen konnte.
- Das Berufungsgericht muss nun den Willen der Erblasser genauer untersuchen und die Testamentsauslegung nachholen.
- Es muss geklärt werden, ob die Pflichtteilsklausel nach dem Tod der Mutter noch greift und welche Auswirkungen sie hat.
- Der Anwalt hatte eine umfassende Beratungspflicht, auch auf mögliche Gefahren und Verjährungsfristen hinzuweisen.
- Weitere Feststellungen zur genauen Schadenshöhe und den Mandatsgrenzen sind notwendig.
Berliner Testament mit Verwirkungsklausel: Gericht entscheidet über Grenzen des „schlechten Verhaltens“
Das Berliner Testament ist eine beliebte Form der letztwilligen Verfügung. Dabei vererben sich die Ehepartner gegenseitig ihr gesamtes Vermögen. Nach dem Tod des ersten Ehepartners erhält der überlebende Ehepartner das gesamte Vermögen, um den Lebensabend abgesichert zu verbringen. Nach dem Tod des zweiten Ehepartners geht das gesamte Vermögen dann auf die gemeinsamen Kinder über. Diese Form des Testaments wird oft mit einer Verwirkungsklausel verbunden. Diese Klausel soll sicherstellen, dass die Kinder den Pflichtteil nur dann erhalten, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Ein häufiger Fall ist eine Pflichtteilsklausel, die den Pflichtteil etwa dann verwirkt, wenn sich das Kind gegenüber dem überlebenden Ehepartner schlecht verhält oder ihm nicht hilft. Der konkrete Fall eines Berliner Testaments mit Verwirkungsklausel, der nun vor dem Gericht verhandelt wurde, stellt vor allem die Frage in den Vordergrund, unter welchen Umständen die Verwirkungsklausel tatsächlich greift. Konkret geht es darum, ob bestimmte Handlungen eines Kindes tatsächlich als schlechtes Verhalten und Nicht-Hilfe gegenüber dem überlebenden Ehepartner gelten, oder ob diese Handlungen von einer ethischen und rechtlichen Perspektive betrachtet anders zu bewerten sind. Die folgenden Ausführungen beschreiben das Urteil im Detail und analysieren die Rechtssprechung zu diesem Fall.
Der Fall vor Gericht
Berliner Testament und Verwirkungsklausel: Pflichtteilansprüche trotz Erbenstellung möglich
Der Bundesgerichtshof hat in einem wegweisenden Urteil die Rechte von Erben im Zusammenhang mit einem Berliner Testament und einer Pflichtteilsverwirkungsklausel gestärkt. Der Fall betraf einen Mann, der nach dem Tod seiner Eltern sowohl Erbe als auch potenzieller Pflichtteilsberechtigter war….