Ein erbitterter Streit um das Erbe entbrennt zwischen dem Sohn aus erster Ehe und der Witwe des verstorbenen Erblassers. Im Zentrum steht die Frage, ob ein Jahrzehnte zurückliegendes gemeinschaftliches Testament den Erblasser bis zu seinem Tode band oder ob er in einem neuen Testament seine zweite Ehefrau wirksam als Alleinerbin einsetzen konnte. Das Oberlandesgericht Brandenburg fällte nun eine wegweisende Entscheidung in diesem komplexen Erbfall.
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✔ Der Fall: Kurz und knapp
Das Gericht hatte zu entscheiden, ob das gemeinschaftliche Testament vom 31.01.1995 bindend ist und den Erblasser daran hinderte, ein neues Testament zu errichten.
Der Erblasser errichtete 1992 und 1995 mit seiner ersten Ehefrau gemeinschaftliche Testamente und 2017 mit seiner zweiten Ehefrau ein weiteres Testament.
Im Testament von 1995 wurde bestimmt, dass der überlebende Ehegatte in keiner Weise beschränkt sei und frei über das Vermögen verfügen könne.
Die erste Ehefrau verstarb 1996, und der Erblasser änderte sein Testament 2017 mit seiner zweiten Ehefrau, wobei diese als Alleinerbin eingesetzt wurde.
Ein Beteiligter beantragte, aufgrund des Testaments von 1995 als Alleinerbe anerkannt zu werden, während die zweite Ehefrau auf Grundlage des Testaments von 2017 als Alleinerbin anerkannt werden wollte.
Das Gericht entschied, dass das Testament von 2017 formwirksam sei und die zweite Ehefrau als Alleinerbin eingesetzt wurde.
Die Formulierung im Testament von 1995, dass der überlebende Ehegatte frei über das Vermögen verfügen könne, wurde dahingehend ausgelegt, dass der Erblasser das Recht hatte, seine letztwilligen Verfügungen zu ändern.
Das Gericht betonte, dass die Wechselbezüglichkeit der Verfügungen im Testament von 1995 durch die ausdrückliche Freiheit des überlebenden Ehegatten aufgehoben wurde.
Der Antrag des Beteiligten, als Alleinerbe anerkannt zu werden, wurde zurückgewiesen, da das Testament von 2017 die letzte Willenserklärung des Erblassers darstellt.
Diese Entscheidung verdeutlic[…]